FEATURE

MUEZZIN von Sebastian Brameshuber

 

Der Ruf zum Gebet ertönt in Istanbul fünf Mal täglich aus beinahe 3.000 Moscheen. Sebastian Brameshuber ist in Muezzin seinen vielfältigen Klängen gefolgt.


Noch ist es Nacht, wenn sich Halit Aslan auf seinen morgendlichen Weg zur Fatih Moschee macht, um vom Minarett aus mit dem ersten Dämmerlicht seine Stimme zu erheben und sich gleichzeitig in einen wahren Klangteppich zu fügen, der die schlafende Stadt sanft, aber eindringlich zu den Pflichten des Tages ruft. In einer 12-Millionen-Metropole macht sich Sebastian Brameshuber in seinem ersten langen Dokumentarfilm Muezzin auf die spirituellen Klangspuren einer Großstadt und erkundet ein Alltagsphänomen und seine Protagonisten, die nicht nur fünfmal täglich ihren Dienst vom Minarett aus versehen, sondern auch im jährlichen Wettstreit um den besten Muezzin der Türkei mitmischen. Der Anstoß zur Filmidee mutet zunächst kurios an. Die Affinität des Regisseurs zur Musik begründet sich im HipHop und es war gerade die Musik zahlreicher HipHop-Künstler, die einzelne  Elemente - Gebetsrufe oder Koranverse - in ihre Songs einbauen, die ihn für die Klangwelt des islamischen Gebetsrufs sensibilisiert haben und schließlich auch so manche Parallele in der Performance-Kultur erkennen lassen. Muezzin ist Begegnung mit dem breiten Spektrum eines geheimnisvollen vokalen Ausdrucks und mit einer Gesellschaft, die ihre Lebensform zwischen den Ansprüchen von Laizität und religiöser Tradition entwickelt hat. Das Festival von Karlovy Vary hat Muezzin in seinen Dokumentarfilmwettbewerb eingeladen. (ks)

Juli 2009