INTERVIEW

Elfi Mikesch über FIEBER

 

 

... Der beginnt schon bei den Kindern. Elfi Mikesch über ihren autobiografisch inspirierten Spielfilm FIEBER, uraufgeführt in der Reihe Panorama bei der 64. Berlinale.


Ist es Ihrer Kindheit zu verdanken, dass Sie Fotografin und Filmemacherin geworden sind?
Elfi Mikesch: Das habe ich meiner Mutter zu verdanken. Sie hat mich, als ich 15 war, eines Tages gefragt, ob ich nicht Lust hätte, Fotografie zu machen. Es war schon sehr spät abends und ich wollte meine Ruhe haben und sagte „jaja“. Ein paar Tage später sind wir zu dem alten fotografischen Betrieb gegangen, wo ich dann meine Lehrjahre absolviert habe und dann anschließend noch zwei Jahre geblieben bin.

Ihre Mutter hat wohl einen Grund gehabt, Ihnen das vorzuschlagen?
Elfi Mikesch: Ich denke, es war eine Intuition, weil sie wusste, dass ich für künstlerische Dinge Interesse zeigte und die Fotografie war damals einer der möglichen Wege in diese Richtung.

Am Anfang von FIEBER sieht man Franzi von oben bis unten mit Bildern zugedeckt und die Off-Stimme sagt: „Ich war mit Bildern zugedeckt, damit die Welt mich nicht mehr sieht, aber ich sie. Ist die Fotografie ein Vexierspiel von Sichtbar-Machen, um sich selbst unsichtbar zu machen?
Elfi Mikesch: Es heißt ja so schön „hinter der Kamera“, was natürlich einen gewissen Schutz nahelegt, gleichzeitig bedeutet es immer auch ein Ausgeliefert-Sein. Das funktioniert im Wechselspiel. Der Apparat funktioniert wie ein Schutzschild, ich habe etwas vor mir, durch das ich schauen kann. Es ist immer etwas dazwischen. Derjenige vor der Kamera ist viel stärker ausgeliefert, das spürt man besonders im dokumentarischen Arbeiten. Die Menschen merken, dass sie fotografiert werden, insofern exponiert man sich auch als Fotograf. Es verändert sich zur Zeit, da durch die Mobiltelefone das Fotografiert-Werden zum Alltag geworden ist. Aber zu der Zeit, als ich das Fotografieren gelernt habe, war es etwas Besonderes. Sowohl fotografiert werden als auch zu fotografieren.

Ist Franzi, wenn sie diesen Satz sagt, so überwältigt von der Flut an Bildern, dass sie das Bedürfnis hat, unsichtbar zu werden?
Elfi Mikesch: Sie wird von den Bildern auch vereinnahmt. Es gibt eine Stelle im Film, wo sie das reflektiert und sagt: „Bin ich den Bildern auf der Spur oder die Bilder mir?“ Genau darum geht es. Es sind die Bilder aus einem fremden Land. Sie sind für sie unbegreiflich, aber sie nimmt es wahr, wie Kinder eben wahrnehmen – „Alles ist Wirklichkeit.“

Wie sehr ist Franzi, die Hauptfigur in FIEBER, eine autobiografische Figur?
Elfi Mikesch: Ich möchte da etwas trennen. Es ist gut, eine Fiktion zu haben, wo sich nicht alles auf das Persönliche bezieht, sondern jeder etwas für sich findet, womit er sich identifizieren kann. Auch das ist ein Wechselspiel. Dasselbe gilt für die Örtlichkeit. Es ist nicht das Autobiografische, das sich an Orten oder Ereignissen festlegen lässt, sondern es soll Türen öffnen. Ich erzähle von Erfahrungen, die ich gemacht habe und verarbeite sie in einer Fiktion.

Dass Ihr Vater als Fremdenlegionär in Nordafrika war, ist allerdings Faktum.
Elfi Mikesch: Das ist Faktum und die Fotos, die man im Film sieht, sind authentische Materialien.

Ist die Auseinandersetzung mit Ihrer Kindheit ein ständiger Begleiter ihres künstlerischen Schaffens gewesen oder haben Sie sie für diesen Film fokussiert betrachtet?
Elfie Mikesch: Heute kann ich fragen – Was hat mich mein Leben lang begleitet? Und das ist eindeutig die Zeit, in die ich geboren wurde, also 1940. Die Kriegserfahrung ist prägend, sie kann weder erlöschen noch verblassen. Das ist die Thematik meines Films. Ich möchte mit diesem Film daran erinnern, wie sich so eine Zeit auf die Menschen und auf ein kindliches Gemüt im Besonderen auswirkt. Franzi ist zu dem Moment, wo der Film spielt, elf Jahre alt. Sie steht stellvertretend für Kinder, die nicht im schrecklichsten Kriegsgeschehen stecken. Die Bilder des Vaters prägen diese Kindheit und dieses Kind wirft sehr elementare Fragen auf: „Mama, warum geht Papa dorthin, wenn es in der Kirche heißt ‚Du sollst nicht töten’?“ „Was machten sie mit dem Feind?“ Diese Fragen müssen beantwortet werden. Da die Erwachsenen das nicht unbedingt tun, finden die Kinder selbst eine Antwort drauf. Das führt zu Phantasien. Franzi stellt sich Dinge vor, die sie nur von Bildern oder fragmentarischen Erzählungen des Vaters weiß und baut sich eine Welt, die zu ihrem alltäglichen Schrecken wird. FIEBER ist natürlich ein Film, der mit Phantasien nochmals anders umgeht. Es ist ein Film über Imagination.

FIEBER erzählt nicht nur vom Malariafieber, das den Vater befallen hat, auch von den Hirngespinsten aus Franzis Kindheit, aber auch vom Fieber der künstlerischen Tätigkeit.
Elfi Mikesch: Die Kreativität ist grundsätzlich lebensrettend. Sie hat ihre Schattenseiten. Auch dem Vater, auch der Mutter wohnt Kreativität inne. Aber wie gehen sie damit um? Im Falle von Franzi ist es so, dass sie sich durch ihre Kreativität in ihrer Vorstellungswelt in die Antworten retten kann, die ihr die Eltern nicht geben.

FIEBER thematisiert das Rätsel, das die Erwachsenenwelt für die Wahrnehmung eines Kindes bedeutet.
Elfi Mikesch: Die Welt ist fremd, aggressiv, sehr brutal. Gerade in ihren Andeutungen, in ihrer Fragmenthaftigkeit ist sie aggressiv und führt zu Ängsten. Es ist beängstigend für die Kinder en passant zu hören „die Dörfer haben noch lange gebrannt“ oder „die Kinder waren tot“. Es gibt böse Märchen, die wir alle kennen. Hier haben wir es mit der „bösen Wirklichkeit“ zu tun, die beinahe als Märchen zu Franzi kommt. Sie muss einen Umgang damit finden. Die Konfrontation damit ist auch ein Übergriff. Phantasien über Krieg, über das Töten sind nicht harmlos. Wenn sie die Frage stellt – „Was machen sie mit dem Feind?“, dann setzt das eine Kettenreaktion von Bildern in Gang. Im Film kommt auch der Schlachthof vor, der für das „Schlachten“ steht, wo auch immer es stattfindet. Mir war sehr wichtig, einen Film zu machen, wo genau dies zur Sprache kommt, aber nicht gezeigt wird. Unsere Medien sind voll mit realen und irrealen Kriegsschauplätzen und ich wollte eine andere Art der Darstellung dafür finden. Wie erzähle ich eine Geschichte über den Krieg, in der nicht unmittelbar als Ereignis auftaucht, sondern als Idee, als Gefühl, als Emotion im Inneren. Es geht mir um den inneren Kriegsschauplatz. Der beginnt schon bei den Kindern.

FIEBER zeigt in der Sprachlosigkeit und den Zornausbrüchen des Vaters sehr gut etwas davon, was der Krieg in den Menschen anrichtet.
Elfi Mikesch: So ist es. Die Männer, die aus dem Krieg heimkehren, können es zum Teil nicht erzählen, weil es so grausam ist, was sie erlebt haben. Wir begehen dieses Jahr den 100. Jahrestag des Ausbruchs des Ersten Weltkriegs und es ist immer noch kein Ende in Sicht. Ob das nun Syrien ist oder vor nicht allzu langer Zeit im ehemaligen Jugoslawien, wir sind am laufenden Band mit kriegerischen Ereignissen konfrontiert.

Man sieht Bilder im Schlachthof, wo Franziska das noch pulsierende Fleisch des soeben geschlachteten Tieres fotografiert. Geht es da auch um das Streben des Fotografen, das Unsichtbare sichtbar zu machen, wie hier das aus dem Tierkörper weichende Leben?
Elfi Mikesch: Was uns das Bild erzählt, ist natürlich eine Frage, mit der ich mich ständig auseinandersetze. Franzi hat mit so vielen Bildern zu tun. Sie nimmt sie nicht nur als Stück Papier in die Hand, sie werden in ihr lebendig. Es kommt etwas in Gang, was hinter den Bildern liegt. Wir befinden uns heute ja in einem Ozean von Bildern, da entsteht ja geradezu eine Parallelwelt. Wenn wir uns über das Bild in unserer Hand Gedanken machen, dann können wir darin auch die Welt erkennen. Was für Bilder hat der Vater mitgebracht? Warum hat er das fotografiert? Warum ist Franzi besessen von diesen Bildern?
Als eine der Konsequenzen dieser Konfrontation zeigt der Film, dass das Kind die Aggression gegen sich selbst wendet und sich selbst verletzt. Wo ist der Selbstmord angesiedelt? Das Sich-Selbst-Töten hat etwas mit dem Töten zu tun und die Frage nach dem Danach? Deshalb werden die Bilder so genau betrachtet, weil vielleicht dahinter eine Antwort liegt. Ein Bild kann ich gleich wieder weglegen oder es auch eine Stunde lang betrachten. In dieser Möglichkeit der Betrachtung komme ich zu mir. Es ist eine Art Besinnung. Im Film sagt der Militärarzt beim Anschauen der Bilder: „So viel Schönheit,“ und meint damit die toten Soldaten oder die Pferde, die verendet im Dreck liegen. Was wird alles zerstört und kommt im Krieg unter schrecklichen Bedingungen zu Tode? Der Arzt spricht auch von seiner Scham. Das ist ein Appell, hinter diese Scham zu schauen. Was passiert, wenn ich jemanden zum Feind deklariere, wenn ich meinen Hass gegenüber einer Menschengruppe zum Ausdruck bringe? Ich biete im Film sehr einfache Modelle an, um in einfacher Form über die schrecklichsten Geschichten der Welt zu erzählen, die ja so groß sind, dass wir sie gar nicht fassen können.

Welchen Umfang hatte das Archiv, das Ihnen für die Aufarbeitung dieser Geschichte zur Verfügung stand?
Elfi Mikesch: Ich habe mich eher beschränkt, weil ich mir sagte, wenn ich nur 20 Bilder habe, die stellvertretend sind, dann bleibt es überschaubar. Der Abfolge und Darstellung dieser Fotografien im Film liegt eine gewisse Dramaturgie zugrunde. Die Bilder entstanden zwischen 1920 und 1930, sie sind schwarzweiß und natürlich analog und sehen für uns exotisch aus. Es sind historische Alltagsfotografien, die keine künstlerisch-ästhetischen Ansprüche erfüllen. Genau das hat mich fasziniert, dass diese Bilder im Zusammenhang mit der Geschichte über sich hinausgehen. Ob es nun die grauenhaften oder die ganz einfachen Bilder von der Wüste sind. Auf die Opfer des Krieges, die verstümmelt und blutend am Boden liegen, schauen sowohl Franzi als auch später Franziska hin. Warum geht Franziska als Fotografin in den Schlachthof? Und sie hängt das Bild auch noch in ihrer Wohnung auf. Das ist eine Konsequenz. Sie lebt mit den Bildern, die eine Realität zeigen.

Stammt der Text fürs Voice-Over aus alten Tagebüchern oder wurde er fürs  Drehbuch geschrieben?
Elfi Mikesch: Diese Gedanken sind im Drehbuch entstanden. Es ist die Rolle der Franziska, die diese Reise mit ihrer inneren Stimme begleitet. Ich habe das Glück, mit Eva Mattes eine Stimme zu haben, die tatsächlich ins Innerste geht. Sie hat eine Stimme, die diese Geschichte trägt. Ich bin sehr glücklich darüber, wie sie es macht.

Wie haben Sie Ihre Besetzung ausgewählt?
Elfi Mikesch: So ein Film entsteht ja über einen Zeitraum von zwei, drei Jahren. Man stellt Überlegungen an, wer es am besten verkörpern könnte. Bei Eva Mattes liefen ihre  Stimme und ihre Präsenz zu einer perfekten Stimmigkeit zusammen. Bei Martin Wuttke war es ähnlich. Ich dachte nicht an fünf verschiedene Schauspieler, in ihm sah ich einfach die absolute Übereinstimmung. Für Franzi haben wir ein Casting organisiert, für das sich ungefähr hundert Mädchen vorgestellt haben. Caroline Cardoso war ein Glücksfall, denn sie stand vor einer schwierigen Aufgabe. Ich war einerseits besorgt, ob sie durch die Geschichte selbst überfordert sein könnte. In Momenten, wo die Belastung sehr stark war, hat sich das auch in ihrem Ausdruck gezeigt. Ich glaube, sie hat in dieser Zeit sehr, sehr viel gelernt, auch ihren Spaß gehabt und auch Erfahrungen gesammelt, die sie sonst nie hätte machen können. Es war auch wunderbar, mit Louis, dem Jungen zu arbeiten, der ihren Bruder spielte, der bis auf ganz wenige Sätze meist eine stumme Rolle spielte. Es ist eine Freude, mit Kindern zu arbeiten und ich möchte diesen Film den Kindern widmen, weil sie es sind, die alles zu tragen haben. Und natürlich ist es auch ein Film, der sich an die Erwachsenen richtet, damit sie sich dieser elementaren Fragen besinnen, die Franzi stellt. Was passiert da auf unserer Welt, welche Antworten geben wir unseren Kindern und welche uns selbst?

Reise ist ein durchgehendes Motiv in vielerlei Hinsicht – in die Vergangenheit, zwischen Kindheit und Erwachsen-Sein, in fremde Länder. Warum ist dies ein bestimmendes Motiv?
Elfi Mikesch: Bewegung. Unser Leben ist Bewegung. Die Frage ist: Wohin bewegen wir uns mit welchen Mitteln? Ich bin eine passionierte Zugreisende. Ich habe zehntausende Kilometer mit dem Zug zurückgelegt. Während dieser Reisen fotografiere ich ähnlich den gemalten chinesischen oder japanischen Rollenbildern. Ich mache serielle Fotografie, dokumentiere auf diese Weise meine Reisen. Das Zugfenster in FIEBER ist ein sehr filmisches Element, es zeigt einen Ausschnitt, es bietet Assoziationen und Inspirationen und diese Landschaft zieht an uns vorbei, das lässt sehr viel Spielraum für die Imagination.

Im Film tauchen ja auch immer wieder Geister auf, Figuren aus Franziskas Gedankenwelt, die durch den Film sichtbar werden. Warum haben Sie zu diesem Stilmittel entschieden?
Elfi Mikesch: Franzi macht aus der Not eine Tugend. Sie ist mit ihren Fragen alleingelassen. Ich hatte einige Geschichten fragmentarisch von meinem Vater gehört, ich hatte diese Fotos – Hunderte von Geschichten, die nicht auserzählt wurden. Was passiert dann?... Tagträume. Kinder sind dafür sehr talentiert, sie leben in einer Welt aus Tagtraum. Wenn ich beobachte, wie sie ihre Phantasien gleich umsetzen, dann erinnert mich das daran, wie ich mit Tagträumen umgehe. Deshalb tauchen diese Gespenster im Film auf. Sie sind die Verkörperung dieser Phantasien, die sich aus dem, was ich sehe, höre und fühle zusammensetzen. Da entstehen sehr intensive Emotionen, weil es manchmal eine sehr beängstigende Welt ist. Wir sind umgeben von fremden Geschichten.  Wirft man einen Blick ins Fernsehprogramm, so werden wir gefüllt mit tausenden Geschichten. Wie gehen wir mit diesen Fremdgeschichten um? Wo sind unsere eigenen Geschichten? Wie setzen wir unsere Identität zusammen. Franziska spricht in FIEBER von „Geschichten, die mir nicht gehören“, wenn sie von den Fotografien des Vaters spricht. Es sind Geschichten, die existiert haben und ihre Nachwirkungen bis ins Jetzt haben. Unter den Fotos sind Bilder eines verschwiegenen Krieges, eins Giftgasangriffs auf Marokko im Jahr 1926. Abgeworfen wurden die Bomben von spanischer Seite, das chemische Material wurde von der Firma Stolzenberg aus Hamburg bereitgestellt. Da gibt es unheimliche Verflechtungen, die diese Aktion legitimiert haben. Wir tragen bis heute die Konsequenzen der kolonialen Verstrickungen und Unterdrückungen von einst. Diese Dinge wiederholen sich, ob nun im Irak, ob in Syrien. Was macht der Krieg mit den Menschen? Er führt zu Entgrenzung und Verrohung.

In der Austattung der Wohnung aus den fünfziger Jahren stecken gewiss nicht nur Ihre Kindheitserinnerungen drinnen?
Elfi Mikesch: Ein Film ist immer auch eine Fiktion, der die Atmosphären, das Klima verdichtet. Was macht die Jahre 1952/53 aus? Der Film deutet ja sehr viel nur an. Deshalb sind die Räume, in denen das Bild entsteht, ein phantastischer Raum, in dem wir das Klima dieser Zeit mitbekommen. Es ist dabei völlig egal, in welchem Mobiliar ich gewohnt habe. Man hört kurz die Stimme Amerikas aus dem Radio, die Einrichtung steht für 1952,  wir sind sieben Jahre nach Kriegsende. Die Menschen sind so sehr bemüht, alles wieder in Ordnung zu bringen – „Wir wollen es jetzt gut haben, wir wollen auch vergessen, wir wollen’s uns gemütlich machen“. Und Franzis Mutter macht das. Sie putzt und tut und versucht, eine Geborgenheit herzustellen. Aber unter dem Teppich...?

War es schwierig für Sie, die Sie viel fotografieren und dokumentarisch arbeiten, die eigene Gedanken- und Erinnerungswelt in fiktionale, filmische Bilder zu transponieren?
Elfi Mikesch: Ich hatte einen ganz wunderbaren Kameramann Jerzy Palacz. Bei meinen bisherigen Filmen habe ich bis auf eine Ausnahme immer die Kamera selbst gemacht. Ihm konnte ich alles anvertrauen. Zwischen uns besteht eine Wahlverwandtschaft im Bild, gleichzeitig hat er andere Vorstellungen, die mir sehr zugute kommen. So entsteht etwas, was mit unserem Blick korrespondiert. Es war eine sehr intensive Zusammenarbeit, weil ich auch wollte, dass er seinen Blickwinkel einbringt. Er ist ein leidenschaftlicher Kameramann mit einem sehr fotografischen Auge, was mir wiederum sehr entspricht.

Was liegt Ihnen nun in Ihrer künstlerischen Ausdruckweise näher: das fotografische oder das bewegte Bild des Films?
Elfi Mikesch: Ich habe einen Blick, der sich manchmal bewegt und manchmal innehält. Das Innehalten in der Fotografie ist für den Bruchteil einer Sekunde, dann ist das Bild da und ich kann es betrachten. Manchmal mache ich Bilder in Serie, das ist dann ein Zwischenformat. Da ist ein Zwischenraum, der mit Bildern gefüllt wird, aber es ist stets eine filmische Überlegung dabei.

Trotz Ihrer starken Prägung durch das Bild spielt in FIEBER auch die Tonebene eine sehr wichtige Rolle.
Elfi Mikesch: Die Musik hat einen sehr hohen Stellenwert, weil sie in keiner Weise illustrativ oder untermalend ist, sondern mit der Sprache einen Dialog unterhält – Musik, Klang, Bild, Sprache bilden eine Einheit. Die Musik ist von André Mergenthaler, wir haben ein Sounddesign, das sich wunderbar damit zusammenfügt. Alles hat mit der Sprache und der Sprachlosigkeit zu tun, auch dahinter ist ein Klang hörbar, der die damalige Zeit und ihre Gefühle zum Ausdruck bringt.


Interview: Karin Schiefer
Jänner 2014