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Danny Krausz im Gespräch  über Film 20

 

Wir müssen als Produzenten Deutschland als unseren primären Markt begreifen, ohne dabei unsere Identität aufzugeben. Es liegt mir sehr daran, dass unsere Eigenheiten Bestand haben und dass wir diese Eigenheiten etwas besser nach Deutschland exportieren können. Wir haben im gemeinsamen Sprachmarkt Problemfelder, die wir zu lösen versuchen. Die Ostweiterung kommt als neues zukunftsorientiertes Thema dazu, aber auch die europäischen Verflechtungen insgesamt. Alles Themen, wo wir viel direkter kommunizieren müssen. Danny Krausz im Gespräch anlässlich des Beitritts des österreichischen Produzentenverbandes zur deutschen Interessengemeinschaft film 20.


Wie lässt sich film 20 kurz charakterisieren?

DANNY KRAUSZ: film 20 ist ein privater Zusammenschluss von sehr unterschiedlichen, in Deutschland dominierenden Unternehmen. Diese Vielfältigkeit gewährleistet, dass aus Produzentensicht ein sehr ausgewogenes filmpolitisches Interesse formuliert wird. film 20 ist primär deshalb ins Leben gerufen worden, um als Selbsthilfe der Produzenten unabhängig von politischen Orientierungen für die Branche zu konstatieren, was die wesentlichen Themen sind. Es hat sich gezeigt, dass film 20 seit seiner Gründung von der Filmpolitik auf nationaler wie regionaler Ebene als ernsthafter Gesprächspartner wahrgenommen wird.

 

Was hat die österreichischen Produzenten bewogen, film 20 beizutreten?

DANNY KRAUSZ:  Österreich ist zu klein, um eine solche Gruppe zu etablieren. Ich habe die Aktivitäten film20 seit Anfang an mit Interesse verfolgt und im Lauf der letzten Jahre reifte in unserem Verband die Idee, eine Kooperation einzugehen. Es ist unser nahe liegendes Interesse, mit Deutschland intensiv zu kommunizieren, da es unser erster Koproduktionspartner ist und ich denke, dass es in Zukunft noch wichtiger wird, sprachregionale Interessen in der Filmbranche zu formulieren.

 

Auffallend an film20 ist, dass es sehr heterogene Partner vereint. Was hat das Umdenken weg von der strikten Trennung zwischen TV und Kino bewirkt?

DANNY KRAUSZ: Selbst in Deutschland kann man feststellen, dass die Spezialisierung nur noch vereinzelt funktioniert. Als unabhängige Produktionsfirma muss man heute mehrere Bereiche professionell bedienen können. Ich kann mir Kino durch Fernsehen überhaupt erst leisten. Deutschland ist größer und kann daher mehr Spezialisierung vertragen, aber auch dort zeichnet sich ab, dass die wirklich gesunden Unternehmen mit einer entsprechenden Eigenkapitalentwicklung auch solche sind, die mit dem Fernsehen auf direktem Wege kooperieren und nicht nur das Fernsehen in ihre Kinoprojekte einbinden. Da haben die einzelnen Firmen erkannt, dass sie sehr wohl gemeinsame Interessen zu formulieren haben, einerseits innerhalb der EU, andererseits in Deutschland selbst im Umgang mit der Sendervielfalt, im gesamten Rechtebereich dort wo ständig Nachjustierungen notwendig sind, um einen Fortbestand der unabhängigen Produktion zu ermöglichen. Von daher ist die starke Trennung aufgebrochen. Ich glaube, dass eine konkurrenzfähige Vielfalt auch in allen Bereichen zu mehr Qualität führt. Ich glaube, es entsteht da ein guter Diskurs innerhalb dieser Gruppe, der sehr bewusst und konsequent nach außen hin vertreten wird, das geschieht sehr erfolgreich und wir wollten uns dem jetzt anschließen. Es gibt zwei Themen für die österreichischen Produzenten ? der deutschsprachige Markt und das Thema Osterweiterung. Wir müssen als Produzenten Deutschland als unseren primären Markt begreifen, ohne dabei unsere Identität aufzugeben. Es liegt mir sehr daran, dass unsere Eigenheiten Bestand haben und dass wir diese Eigenheiten etwas besser nach Deutschland exportieren können. Im Fernsehen funktioniert das besser als im Kinobereich. Da gibt es vier Serien, die mit sehr großem Erfolg in Deutschland zur Prime Time laufen ? Julia, Medicopter, Rex und Schlosshotel Ort - das sind vier Serien, die in Deutschland reüssieren und die hier in Österreich entwickelt und produziert worden sind. Wir haben im gemeinsamen Sprachmarkt Problemfelder, die wir zu lösen versuchen. Die Ostweiterung kommt als neues zukunftsorientiertes Thema dazu, aber auch die europäischen Verflechtungen insgesamt. Selbst Frankreich musste seine Koproduktionstätigkeiten intensivieren. Das sind alles Themen, wo wir viel direkter kommunizieren müssen. Es werden jetzt in beiden Ländern die Filmfördergesetze neu verhandelt, Novellen stehen an. Es sollte unser Bestreben sein, dass wir nachher bei einer Koproduktion im Einzelfall nicht sieben Monate verhandeln müssen, bis eine Koproduktion rechtlich wasserdicht steht.

 

Ist es so, dass die Produzenten da und dort eher mit ähnlichen Problemen kämpfen oder gibt es eine gegenseitigen Austausch?

DANNY KRAUSZ: Wenn man ehrlich ist, können beide von einander profitieren. Das deutsche Förderungsgesetz erwähnt, dass speziell im Bezug auf die künstlerische Bewertung bei der Referenzfilmförderung Anlehnung am österreichischen Gesetz genommen wurde. Dann dort wo wir innerhalb der letzten Jahre erfolgreich das Konkurrenzfeld Kunst gegen Kommerz abgebaut haben, weil ein kleines Land seine Vielfalt behalten muss. Es war in Deutschland so, dass man eher auf die kommerzielle Benotung geachtet hat, was zu einer gewissen Konformität des Filmschaffens geführt hat. Ich bin überzeugt, dass dadurch einige Filme in Deutschland nicht entstanden sind, für die es etwas mehr Mut gebraucht hätte. Eine Intensivierung bzw. Sensibilisierung in diesem Bereich innerhalb der Filmförderung ist sicherlich ein guter Ansatz. Wir können von den Deutschen sehr viel im Umgang und im Verhältnis zwischen Produzenten und Fernsehanstalt lernen, das sollte uns eine Chancengleichheit mit den deutschen Produzenten bringen. Ich denke an den Rechtekatalog, den Rückfall von Rechten und die Wiederverwertbarkeit von Rechten, da sind wir in Österreich am Anfang einer Diskussion, die deshalb geführt wird, weil das auch ein Thema ist, das die EU beschäftigt. Das Reglement, das wir entwickeln, soll ein Fortschritt im Bestreben nach Harmonisierung darstellen. Man muss eine Regelung finden, die z.B. den Verkauf von Pay-TV-Rechten betrifft, wie man den gesamten Rechtekatalog den neuersten technischen Standards angleicht u.ä. Da gibt es einiges, was aus Erfahrung von film20 und der Erfahrung der dortigen Produzenten auf uns wirken kann. Wer sind abgesehen von Gesetzgebern und Sendeanstalten die Zielgruppen, denen gegenüber film 20 auftritt? Es geht auch um die gesamten Vertriebsmechanismen. Wir wollen darüber diskutieren, warum es in Österreich keine Abgabe bei den einzelnen Nutzungsbereichen wie Kinokarte, DVD oder Kabelbetreiber wie in anderen Ländern gibt. Auch wenn da keine großen Summen zustande kommen, wäre es ein ermunternder Solidaritätsbeitrag für die heimische Filmproduktion und wenn unterm Strich vier oder fünf Millionen Euro zusätzlich lukriert werden, dann wäre das für die österreichischen Filmschaffenden eine Menge Geld.

 

Welche großen Hindernisse gibt es bei den Koproduktionen aus dem Weg zu räumen gibt?

DANNY KRAUSZ: Wir haben drei wesentliche Themen - die Frage des Ursprungszeugnisses. Da läuft Praxis und bilaterales Abkommen auseinander. Weiters gibt es im Kinobereich unterschiedliche Sperrfristen, das führt immer zu Abstimmungsproblemen, wann welche Sendeanstalt ausstrahlen darf, daher unser Bestreben, hier eine Harmonisierung herbei zu führen. In Österreich beträgt die Fernsehsperrfrist 18 Monate, in Deutschland 24 Monate, wir müssen weiteres über eine Pay-TV Sperrfrist nachdenken, ebenso über die Video- und DVD-Sperrfristen. Gleichzeitig wollen wir verhindern, dass Filme zu rasch ins Fernsehen kommen, es gibt in Deutschland Bemühungen der Sendeanstalten, wonach ein Film, der im Kino nicht erfolgreich war, nicht erst nach zwei Jahren ausgestrahlt werden soll. Da möchten wir genauer wissen, was das Kriterium für einen Kinomisserfolg ist. Es gilt zu hinterfragen, welche Möglichkeiten kann man einer Sendeanstalt sinnvollerweise einräumen, den Film früher auszustrahlen? Was wir auf alle Fälle verhindern wollen, ist, dass das Publikum nicht mehr zwischen Kino- oder Fernsehfilm unterscheiden kann. Ich denke an das Beispiel Andreas Hofer, wo es verständlich ist, dass man diesen Film erfolgreich in Tirol ins Kino bringen kann, nur müsste dann der Sender freiwillig eine entsprechende Sperrfrist in Kauf nehmen. Den Film dann wenige Monate später ins Fernsehen zu bringen, ist das falsche Signal ans Kinopublikum. Das dritte Thema ist der Rechtekatalog selbst. Hier sollte bei Koproduktionen mit Deutschland in Hinblick auf Lizenzlaufzeit, Rechterückfall, weitere Verwertung etc. eine Harmonisierung/Gleichstellung herbei geführt werden.

 

Welche Probleme werden in Zusammenhang mit den neuen Beitrittsländern aufgeworfen?

DANNY KRAUSZ: Mit den neuen EU-Beitrittsländern stehen wir vor einem Kapitel, für das es aus meiner Sicht in unserer Branche keine Szenarien gibt. Wir begegnen dort einem sehr traditionellen, hochprofessionellen Filmschaffen, mit spannenden und kreativen Leuten, zum Teil sehr altmodischen Filmkonzepten. Das ist aber nur eine Frage der Zeit und man muss rasch anfangen zu diskutieren. Es soll von uns aus nur ein Anstoß kommen, die Themen und Probleme, die auf uns zukommen aufzugreifen und offen zu legen. Was bedeutet der Beitritt im Konkreten, wie kann ein kultureller Transfer ermöglicht werden und schließlich sollte ja alles auch einen Austausch von Qualität zur Folge haben. E gibt auch keinen Austausch im Bereich der Fernsehprogramme, auch da ist eine Intensivierung wünschenswert. Ich sehe da einen mittelbaren Handlungsbedarf, wo wir nur den Anstoß liefern können. Vielleicht ist es noch Zukunftsmusik, und sehr weit voraus gedacht, aber möglicherweise ist es in zwei Jahren dann aktuell und wir sind zu spät oder nur mangelnd vorbereitet. Die Dor Film selbst wickelt zur Zeit ein Koproduktionsprojekt mit Tschechien ab. Wie waren diese Erfahrungen? Zelary, war ein erstes Sondieren in einer Koproduktion mit Tschechien. Es ist schließlich eine tschechisch-slowakisch-ungarisch-österreichische Koproduktion geworden, die wir zwischen Tschechien und Österreich begonnen haben und die dann in der Entstehung gewachsen ist. Uns war es durch die Zusage des FFW und des ORF möglich als Kopartner aufzutreten. Es ist ein Film der historisch mehr mit Tschechien zu tun hat als mit uns, wir haben dennoch einen kreativen Beitrag geleistet, indem wir Schauspieler dorthin brachten, wir werden Teile der kreativen Endfertigung hier abwickeln. Es war ein erster Gehversuch mit einer sehr kompetenten Gruppe von Filmemachern, die in der Kombination vor zwei Jahren einen Auslands-Oscar gekriegt haben.


Wie sieht die Zusammenarbeit mit film 20 nun konkret aus?

DANNY KRAUSZ:  Zur Zeit stehen wir permanent über eMail oder telefonisch in Kontakt, um bestimmte Dinge zu bewegen: es geht um unsere Position im Fördergesetz in Deutschland, eine deutsche Position zu unseren Neuorientierungen im österreichischen Filmfördergesetz, das soll ja auch spiegelgleich sein. Es werden Papiere erarbeitet, darüber hinaus sind regelmäßige Treffen geplant. Wenn es uns gelingt, auch beim Filmfördergesetz in Deutschland darauf Bezug zu nehmen, dass man für bestimmte Regelungen in der Koproduktion den deutschen Sprachraum als Ausnahmeregelung hinzu fügt, dann sind wir schon einen großen Schritt weiter. Das Thema der Betriebsstätten ist ein weiterer Punkt, wo Österreich als Koproduktionspartner mit Deutschland die gleichen Gefahren auf sich nimmt wie internationale Großprojekte. An der Sensibilisierung für diese Themen müssen wir arbeiten, weil wir aus deutscher Sicht an dritter Stelle der Koproduktionspartner nach Frankreich und den USA stehen. Aus österreichischer Sicht entstehen nahezu 70% der Koproduktionen mit Deutschland.

 
Für Herbst sind zwei Veranstaltungen geplant, welche?

DANNY KRAUSZ:  Es gibt eine Doppelveranstaltung im Herbst mit je einer Konferenz in Berlin und Wien, die sich mit dem Thema Beitrittsländer und u.a mit der Frage nach wirtschaftlich sinnvollen Standorten für Medienzentren auseinander setzen will. Interview:

 

Karin Schiefer (2003)