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Film-Enquete: Danny Krausz

 

Anläßlich der parlamentarischen Film-Enquete am 3. Juli 2002 sprach Produzent Danny Krausz (Dor Film) zum Thema Perspektiven und Maßnahmen für den Filmstandort Österreich. Sein Referat im Wortlaut:


Sehr geehrte Damen und Herren, Nachdem rund 20 Jahre seit Einführung der Bundesfilmförderung und der Schaffung des Film-Fernsehabkommens im ORF vergangen sind, 10 Jahre seit der Einführung der Wiener Film Förderung und seither auch steigende Engagements anderer Bundesländer in diesem Bereich zu verzeichnen sind, ist Österreich ein national wie international anerkannter Produktionsstandort geworden. Hohe kreative Akzeptanz, gekennzeichnet durch herausragende Festivalerfolge einerseits und kommerziell nennenswerte Lizenzierungen unserer Produkte andererseits, halten dem europäischen Vergleich bestens stand und werden mancherorts auch beispielgebend hervorgehoben. Daraus leitet sich eine Erwartungshaltung ab, die zu erfüllen nur dann möglich sein wird, wenn die Schaffung der dazu notwendigen Rahmenbedingungen als Verpflichtung seitens der österreichischen Bundesregierung gegenüber der Film- und Fernsehwirtschaft ernsthaft wahrgenommen wird. Die österreichischen Filmproduzenten haben stets klare Vorstellungen formuliert, wie die wirtschaftliche und künstlerische Weiterentwicklung zu ermöglichen und auszubauen sein wird. Die konkrete Entwicklung der gesamten deutschsprachigen Branche in den letzten 12 Monaten, wird an uns nicht spurlos vorübergehen. Daher sollten alle Überlegungen auch effektvoll diesen Gefahren begegnen. Nachdem in Deutschland die ersten börsennotierenden Firmen kollabierten, wurden Korrosionsspuren einer Branche sichtbar, die nicht wegzuleugnen waren. Während Firmen wie etwa Helkon, Senator Film oder Das Werk um den Verbleib in der obersten Spielklasse kämpfen, ist für Kinowelt oder EM TV längst der Abstieg in die Insolvenz vollzogen. All dem folgte im April dieses Jahres mit Kirch Media der größte Firmenzusammenbruch. Zahlreiche, auch österreichische, Firmen sind von diesem Konkurs betroffen. Man kann derzeit die bleibenden Schäden noch nicht abschätzen. Die Verluste bewegen sich in der 10 Milliarden ? Größenordnung. Eine Katastrophe, der in Österreich erstaunliche Gelassenheit entgegen gebracht wird - muss man doch zur Kenntnis nehmen, dass auch der ORF davon beeinträchtigt wurde und dass die Betreiber von ATV (das sind Österreichs bundesweite Privatfernsehlizenzinhaber) mit dieser Insolvenz kausal argumentierend, vorsorglich ihre Pläne bezüglich Programm für ein Jahr auf Eis gelegt haben. Ergänzt wird diese angespannte Situation dadurch, dass auch die Werbebranche massive Einbrüche hatte und bis zu 50prozentige Umsatzrückgänge zu registrieren waren. Die Folge - sinkende Budgets der Sender ? sinkende Auftragserteilung an die Filmwirtschaft. Der ORF kann im Jahr 1 von Gesetz Neu ! trotz Griff in die Reserve nur 80% seiner Bemühensverpflichtung gegenüber der heimischen Filmwirtschaft erfüllen. Mittlerweile hat diese Entwicklung einer logischen Kettenreaktion folgend auch die Produzentenlandschaft erfasst. Auch da sind Insolvenzen an der Tagesordnung. Wenn auch vorerst hauptsächlich in Deutschland, ist doch auch für Österreich ähnliches zu befürchten. Dabei sollte wesentliches Augenmerk darauf verwendet werden, dass für die deutsche Filmwirtschaft das enorme Kapital der Finanzierungsfonds, die neben allen Förderungsmaßnahmen existieren, mangels ausreichender Regelungen kaum Wertschöpfung in Deutschland erzeugten und im Jahr 2001 einen Steuerausfall von 1,75 Milliarden ? verursachten. Die Wirtschaftlichkeit der Filmbranche in einem kleinen Land wie Österreich muss immer aus dem Zusammenspiel von Umwegrentabilität, Umsatz und Österreichwerbung durch den internationalen künstlerischen Erfolg, ermittelt werden. Es ist daher unbedingt notwendig, folgende Maßnahmen umgehend und sorgsam zu ergreifen, damit eine entsprechende Perspektive für Österreichs Filmwirtschaft in Europa überhaupt sichergestellt werden kann: 1. Strukturelle Maßnahmen: a) Schaffung von steuerlichen Rahmenbedingungen für die AV Branche: siehe auch Unterlagen dazu vom Fachverband der AV erstellt. Beispielhaft sei hier etwa das Modell Luxemburgs angeführt, dass durch reine Durchführungsbestimmungen auch hier anwendbar sein sollte. Hier werden die tatsächlichen Ausgaben im Rahmen einer konkreten Filmproduktion ermittelt und 30% dieser Kosten werden als Steuerbonus anerkannt. Dieser Bonus ist auf Banken übertragbar, die ihn selbst nutzen oder Ihren Kunden weitergeben können. Die Bank löst dem Luxemburgischen Produzenten diesen Bonus in Cash ab, damit kann dieser seinen Kofinanzierungsbeitrag bei einer Produktion leisten. Bestimmte Regulative sichern gleichzeitig die Wertschöpfung, kreative Bezüge und dass ein erheblicher Beschäftigungseffekt erzielt wird. Durch das so gesteigerte Produktionsaufkommen, hat der Staat letztlich trotz des Steuerbonus Mehreinnahmen zu verbuchen! b) Sicherung und Stärkung der urheberrechtlichen Stellung der Filmhersteller mit dem Ziel, verstärkte Investitionen im AV Bereich zu garantieren und den Absatz zu erhöhen, bei gleichzeitiger Verhinderung von Abtransport der Wertschöpfung aus Österreich - Stichwort Werbefenster. c) Einführung einer Statistikverpflichtung zur Erhebung objektivierbarer Daten. d) Neuordnung der Ausbildungsstätten für Filmschaffende nach künstlerischen/wissenschaftlichen und wirtschaftlichen Kriterien::: 2. Änderung ORF Gesetz: a) Da die erlassenen Werbebeschränkungen weitestgehend von keinem anderen Programmanbieter genutzt werden oder werden können, stellen diese Beschränkungen einen volkswirtschaftlichen Schaden dar und sollten aufgehoben werden. b) Wiederbelebung der Refundierung der Gebührenbefreiung, bzw. teilweise Abschaffung der Befreiung vor allem dort, wo Grenzfälle eher als Privilegien zu bezeichnen sind. Mit einer Mittelbindung an die heimische unabhängige Produktion können hier ca. 10 Mio ? erwartet werden. c) Fakultative Gebührenerhöhung mit Widmung in die heimische unabhängige Produktion . d) Erhöhung des in der EU Richtlinie § 11 fixierten Programm-Anteils von EU Produktionen und in Anlehnung an die französischen Bestimmungen einen dahingehend definierten österreichischen Anteil. e) Verdoppelung des Budgets des Film Fernsehabkommens::: 3. Förderungen: a) Anhebung des ÖFI Budgets zweistufig auf 20 Mio ?. b) Erhöhung des Budgets für das Bildungsmedienabkommen c) Empfehlung zum Ausbau der Initiativen der Bundesländer Investitionen im AV Bereich und Schaffung einer einheitlichen Koordinationsstelle. In einer Zeit wo Wirbelstürme die Branche erfasst haben, ist keine Muße für Sandkastenspiele. Kultur, Finanz - und Wirtschaftspolitik müssen jetzt mit der Branche abgestimmte Handlungen setzen, wenn eine eigenständige unabhängige österreichische Filmwirtschaft weiter existieren soll. Danke