INTERVIEW

«Ich kann jeden verstehen, der ausbrechen will.»

Alle haben ihn beneidet: als einziger Sohn eines Großbauern galt Elias als die beste Partie des Tales, seine Zukunft schien so vorgezeichnet wie vielversprechend. Dafür hatten seine Eltern wachsam gesorgt. Zwänge waren jedoch nicht Elias‘ Sache: Als junger Mann kehrt er seiner Familie und den Erwartungen an ihn den Rücken, um in aller Konsequenz sein Leben allein am Berg zu führen. Die wahre Geschichte eines Zillertaler Bauernsohns hatte bereits den Dramatiker Felix Mitterers zu seinem Stück MÄRZENGRUND inspiriert, Adrian Goiginger hat die Facetten eines radikalen Ausstiegs für die Leinwand adaptiert.  
 
 
 
 
Anders als bei Die Beste aller Welten und Der Fuchs ist MÄRZENGRUND ein Stoff, den Sie nicht selbst entwickelt haben, sondern der vom Produzenten des Films, Michael Cencig, an Sie herangetragen wurde. Was hat bei diesem Stoff den Funken überspringen lassen, dass Sie ihn letztlich sogar früher als Der Fuchs als Ihren zweiten langen Spielfilm realisiert haben?
 
ADRIAN GOIGINGER:
Ursprünglich war es meine Absicht, das Projekt MÄRZENGRUND noch etwas in die Zukunft zu schieben. Die wegen Corona veränderten Umstände haben aber dann dazu geführt, dass ich Der Fuchs, an dem ich schon mehrere Jahre gearbeitet hatte, verschieben musste und es sich angeboten hat, MÄRZENGRUND vorzuverlegen. Das hat aber auch bedeutet, dass alles relativ schnell gehen und alles aufs erste Mal klappen musste. Michael Cencig hat mir das Theaterstück von Felix Mitterer zum Lesen gegeben. Ich selbst bin ein Fan von Felix Mitterer, der besonders im Westen Österreichs als Autor sehr geschätzt ist. Mich hat der Protagonist, der vierzig Jahre als Einsiedler in den Bergen gelebt hat und für den es ein wahres Vorbild gibt, sehr angesprochen; was dem Ganzen noch einen besonders interessanten Aspekt hinzugefügt hat, war der Umstand, dass er aus einer sehr wohlhabenden Bauernfamilie stammte. Ich sah ihn als eine Art Gegenstück zu Die beste aller Welten und zu meiner Kindheit. Dazu kam, dass dieser Mann, der die Inspirationsquelle war, schwer depressiv war und nur fliehen wollte, obwohl ihn jedes Kind in seinem Umfeld beneidet hat, weil er der Sohn des reichsten Bauern im Tal war.
 
 
Im Nachspann findet man eine Widmung, die sich an einen gewissen Simon richtet, der am 13. Oktober 2008 verstorben ist. Es ist anzunehmen, dass er das historische Vorbild für Elias, die Hauptfigur in MÄRZENGRUND war. Was weiß man über ihn?
 
ADRIAN GOIGINGER:
Man weiß eigentlich ziemlich viel. Es gibt auch mehrere Fotos, von denen wir keines verwenden durften, weil es auch Verwandte gibt, die nicht so erfreut sind, dass wir diese Geschichte filmisch aufgreifen. Es gibt viele Geschichten und Legenden, die sich um diesen Simon ranken, gerade in einer ländlichen Gegend, wo sehr viel getratscht wird. Ich habe einige Monate recherchiert und mich auf den Stammtischen herumgehört, was die Leute so alles erzählen. Ich schätze, die Wahrheit liegt in der Mitte – weder im Extrem, wie die Menschen dort es durchklingen lassen, noch in dieser gewissen Verklärtheit, die die Hauptfigur des Theaterstücks vermuten lässt. Man weiß auch über die Eltern sehr viel, da sind uns z.T.  Geschichten zu Ohren gekommen, die man gar nicht glauben will. Das Drehbuch ist in Zusammenarbeit mit Felix Mitterer entstanden und wir haben versucht, eine universalere Perspektive einzubringen.
 
 
Der Sprung von einer Fassung für die Theaterbühne auf die Leinwand hat dem Stoff ja eine riesige räumliche Dimension eröffnet. Welche Möglichkeiten haben sich da eröffnet?
 
ADRIAN GOIGINGER:
Felix hat mir in einem ersten Schritt das sehr genau geschriebene Theaterstück übergeben. In einem ersten Schritt war es meine Aufgabe, daraus ein Konzentrat zu filtern mit den Elementen, die im Film zu sehen sein sollten. Das Theaterstück hatte z.B. eine dritte zeitliche Ebene zwischen dem heranwachsenden und dem älteren Mann, die habe ich ebenso weggelassen habe wie einige Figuren. Wir sind nie gemeinsam am Schreibtisch gesessen, haben uns aber regelmäßig ausgetauscht und zweimal auch getroffen. Der Schreibprozess verlief fifty-fifty; ich wollte, dass Felix Mitterer im Credit der Erstgenannte ist, weil er diese Geschichte entdeckt hat. Ich habe den Stoff dann eher Richtung Kino adaptiert.
Interessanter ist, dass Felix Mitterer, bevor er das Theaterstück geschrieben hat, daraus einen Kinofilm machen wollte. Das Theaterstück hatte sich irgendwann als die schneller realisierbare Variante herausgestellt. Was in beiden Fassungen geblieben ist, ist die Beziehung zu den Eltern, weiters die Figur der Moid, dieses beinah spirituelle Wesen, das ihn stets begleitet, und auch das Ende des Films entspricht den Tatsachen. Dazu gekommen sind Szenen aus Elias‘ Jugend und sein Kampf gegen die Natur, die extreme Kälte, der Lawinenabgang, die Exponiertheit seines Lebensraums und der damit verbundene Hunger, an dem er leidet – das sind in der Tat Dinge, die man auf der Bühne nur schwer darstellen kann.
 
 
Die Sprache im Film ist ein ziemlich lokal gefärbtes Tirolerisch. Welche Überlegungen gab es grundsätzlich zur Sprachfassung?
 
ADRIAN GOIGINGER:
Die Sprache, die jetzt im Film zu hören ist, ist schon eine sehr gemäßigte Dialektfassung, die hoffentlich in ganz Österreich zu verstehen ist. Wir haben auch mit Dialektforschern über den in den sechziger Jahren üblichen original Zillertaler-Dialekt gesprochen. Da hätte ich als Salzburger kein Wort verstanden. Wir hätten den ganzen Film untertiteln müssen – eine Idee, die mir sehr gut gefallen hätte. Die Schauspieler hätten diese Sprachfärbung aber nicht in einem so kurzen Zeitraum erlernen können. Bei diesem Projekt ist wirklich alles von der Idee über Entwicklung, Finanzierung und Herstellung sehr, sehr schnell gegangen. Daher ist unsere Entscheidung zugunsten der gemäßigten Fassung entstanden, in der Hoffnung, dass man es überall versteht und es dennoch lokal wirkt. Ich mag es als Zuschauer z.B. nicht, wenn eine Geschichte sehr klar an einem Ort verankert ist und die Sprache der Menschen aber nicht stimmt. Das Theaterstück war in einem sehr dezenten Hoch-Österreichisch geschrieben, gespielt wurde es im Dialekt. 
 
 
Eine wichtige dramaturgische Entscheidung, wann im Film es zum Schnitt zwischen dem jungen und dem älteren Elias kommt. Welche Überlegungen gab es dazu?
 
ADRIAN GOIGINGER:
Im Schnittprozess war es so, dass wir von den Sequenzen, die wir mit Johannes Krisch gedreht haben, kaum etwas weggelassen haben, während vom jungen Elias, der von Jakob Mader dargestellt wurde, einiges noch rausgefallen ist. Insofern hat sich das Verhältnis im Bezug zum Drehbuch noch einmal verschoben. Ich würde sagen, es liegt bei zwei Drittel zu einem Drittel. Die Szenen mit dem älteren Elias transportierten auf sehr starke Weise das Gefühl, das wir mit diesem Film vermitteln wollten und daher haben wir ihm dann auch mehr Raum gegeben.
 
 
Vor welche Fragen hat Sie die Besetzung besonders der beiden Parts Ihrer Hauptfigur gestellt?
 
ADRIAN GOIGINGER:
Johannes Krisch in der Rolle des alten Elias stand sehr früh fest, ebenso wie Geri Drassl und Harald Windisch für die Rollen der Eltern. Die Besetzung des jungen Elias erwies sich da schon als viel schwieriger. Wir brauchten jemanden, der unerfahren war und doch eine gewisse Präsenz hatte. Ich wollte jemanden, der völlig unverbraucht war und auf natürliche Weise das Wesen von Elias mitbrachte, nämlich das Träumerische, Unangepasste, … das Gegenteil von dem, was man mit einem Tiroler Bauernbuben in den sechziger Jahren in Verbindung bringt. Mir macht es außerdem grundsätzlich Spaß, mit nicht ausgebildeten Schauspielern zu arbeiten.
 
 
Wie hat die Arbeit mit Ihren beiden Hauptdarstellern ausgesehen?
 
ADRIAN GOIGINGER:
Jakob Mader kommt aus einer Innsbrucker Innenstadt-Familie, er musste zur Vorbereitung für zwei Monate auf einen Bergbauernhof arbeiten, um den Umgang mit den Tieren und den Geräten zu verinnerlichen und auch den Tagesablauf hautnah mitzuerleben. Er musste den Respekt vor den Tätigkeiten verlieren, indem er es einfach machte. Außerdem musste er auch den Dialekt lernen. Wir haben uns sechs intensive Wochen lang regelmäßig für Proben gemeinsam mit Iris Unterberger, die Elias‘ Schwester Rosi spielt, getroffen. Mit Johannes Krisch habe ich mich auch einige Male vorbereitende Gespräche geführt, einen Probedreh gemacht, aber jemand wie er weiß natürlich, sich selbst vorzubereiten. Jakob und Johannes haben sich auch kurz ausgetauscht. Begonnen hat der Dreh mit den Sequenzen mit Johannes Krisch und es war vielmehr so, dass ich Jakob dann einige Details und Ticks, die Johannes für seine Interpretation gefunden hatte, Jakob weitergegeben habe, damit er sie einfließen ließ. Wenn ein Mensch vierzig Jahre lang allein am Berg lebt, dann wird man ein anderer Mensch und insofern verzeiht die Story es, dass es keinen Parallelen im Spiel der beiden gibt.
 
 
Wie haben Sie versucht, das Leben eines Einsiedlers darzustellen?
 
ADRIAN GOIGINGER:
Ich habe in meiner Recherche mit Jägern geredet und Menschen, die Simon gekannt haben, befragt, wie sein Tagesablauf war, vor allem im Winter. In Wirklichkeit ist Simon etwas mehr herumgezogen, im Winter auch in etwas tiefere Lagen. Die Winter in den Tiroler Bergen in den siebziger Jahren, die kann man sich gar nicht mehr vorstellen. Es gab auch viele Menschen, die ihm geholfen haben, manchmal hat ihm seine Mutter auch Essen zukommen lassen. Und er war unheimlich geschickt und stark und hat sich vieles selbst gebaut. Sein Schritt in die Einsamkeit steht auch mit einer Psychose, einer enormen Sozialphobie in Verbindung in einer Zeit, wo man das noch nicht als Krankheit anerkannt hat und es die gängige Meinung war, dass ein junger Mensch etwas arbeiten sollte. Es war spannend, den Film in der Schnittphase über den Part von Johannes Krisch und auch dank der Soundebene zu entschleunigen. Als Gegenpart zum geräuschvollen und stressigen Tal.
 
 
Wie hat sich die Kameraarbeit mit Clemens Hufnagl in dieser Höhenlage gestaltet?
 
ADRIAN GOIGINGER:
Es war wirkliche eine tolle Erfahrung, auf 2500 Metern Seehöhe zu drehen. Bei einem Vordreh haben wir die Morgendämmerung gedreht, das bedeutete um drei Uhr Früh aufzustehen und mit dem Equipment ziemlich steil 1500 Höhenmeter anzusteigen. Oder wir hatten bei den beiden Winterdrehs bis zu zwei Meter Schnee. Es hat viele Momente gegeben, die sich mehr wie Abenteuer als wie Arbeit angefühlt haben.
Clemens Hufnagl hat mit Die Einsiedler von Ronny Trocker schon Dreherfahrung am Berg gesammelt. Es war bei diesem Film extrem wichtig, eine fitte Crew zu haben. Clemens ist ein sehr sportlicher Mensch, er wollte auch nur ein kleines Equipment haben und so haben wir uns gemeinsam diesen Berg erarbeitet. Darüberhinaus haben wir viel mit der Second Unit gedreht, für die Paul Sprinz die Kamera gemacht hat. Er ist oft losgezogen, um Dämmerungen, Panoramen und vor allem viele Tiere für uns zu filmen. So haben wir versucht, die Natur greifbar zu machen. In den Dialogszenen sind wir ganz klassisch vorgegangen, Szenen im Tal waren eher statisch – eingesperrt, eingezäunt. Je höher wir gehen, desto mehr erweitert die Weitwinkeloptik den Blick.
 
 
Die Eltern haben beide ziemlich negative Parts, wie haben Sie es geschafft, eine gewisse Ambivalenz zu erhalten?
 
ADRIAN GOIGINGER:
Nach all unseren Recherchen war es echt schwierig, eine Ambivalenz herzustellen, weil sich die Erzählungen sehr einseitig schlecht angehört haben. Gerade die Mutter kam echt als Unmensch rüber und wir haben mit Gerti Drassl eher versucht, sie als Glucke darzustellen, die ihre Kinder um jeden Preis beschützen will – immer gut meint und dabei völlig übers Ziel hinausschießend. Väterlicherseits war eines der großen Probleme, dass Elias der einzige Sohn war und der Vater sich einen Wohlstand erarbeitet hatte, den er unbedingt weitergeben wollte. Harald Windisch war es wichtig, auch eine weiche und verletzliche Seite hervorzukehren. Der Vater hat ja dann Selbstmord begangen, er hat  seinen depressiven Zustand sehr lange Zeit unterdrückt, was der Sohn eben nicht mehr konnte. Es war den Eltern nicht bewusst, welchen Druck sie aktiv und passiv ausgeübt haben. Sie gehörten einer Generation an, die während des Krieges gar nichts hatte und ihren Kindern materiell ein besseres Leben bieten wollten; dabei haben sie vergessen, dass diese auch Liebe brauchten.
 
 
Eine der stärksten Szenen im Film ist die, wo Elias beim gemeinsamen Abstieg ins Tal an einer Stelle verlautbart, dass er nie mehr ins Tal zurückkehren würde. Ein Moment, die von den Schauspieler:innen sehr viel gefordert haben muss. Wie haben Sie diese Szene gemeinsam erarbeitet?
 
ADRIAN GOIGINGER:
Es war eine besonders lange Szene, die wir im Schnitt gekürzt haben. In so angespannten Momenten wie diesem drehe ich mit zwei Kameras, damit die Schauspieler:innen in einen Flow hineinkommen. Es war eindeutig für uns alle die schwierigste Szene, mit wechselnden Stimmungen beim Licht wie auch bei den Schauspieler:innen, dies alles galt es auszutarieren. Ich finde, es ist sehr gut gelungen.
 
 
Elias bricht in den sechziger Jahren aus den erdrückenden gesellschaftlichen Zwängen aus. Worin haben Sie die Aktualität dieser Figur im Heute gesehen?
 
ADRIAN GOIGINGER:
Der Stoff hat mich zur richtigen Zeit gefunden. Ich bin gerade ins Berufsleben eingestiegen und habe diese Begegnung mit den gesellschaftlichen Konventionen – ihren Vor- und Nachteilen – hautnah selbst erlebt. Ich finde, die Vorteile überwiegen, dennoch stelle ich mir die Frage: Ist es das? Ich kann keine eindeutige Antwort darauf geben. Ich weiß es nicht. Ich kann jeden verstehen, der ausbrechen will. Meine Entscheidung, diesen Film zu machen, ist vor dem Beginn der Pandemie gefallen. Jetzt nach zwei Jahren Erfahrungen mit Corona-Maßnahmen gibt es noch viel mehr Menschen, die der Gesellschaft den Rücken kehren. Into the Wild ist einer meiner Lieblingsfilme und der Drang nach Freiheit ist ein Thema, das mich stark beschäftigt. Ich stelle mir Fragen wie: Was ist Freiheit überhaupt? Gibt es Freiheit auf der Erde? Oder gibt es sie erst nach dem Tod, so wie es Religionen suggerieren. Der echte Simon hat bewusst oder unbewusst sein ganzes Leben dieser Frage gewidmet. Ich nehme Filmprojekte nicht nach ihrer gesellschaftlichen Dringlichkeit an.  Vielleicht kommt das noch. Zur Zeit bin ich noch sehr idealistisch und mache Dinge, die mich interessieren, die mich fesseln, die mich nicht mehr loslassen. Gerade jetzt, wo wir aus gesundheitspolitischen Überlegungen sprichwörtlich eingesperrt waren, denken gewiss viele Menschen über die Grenzen der Freiheit nach und über das, was sie dafür zu opfern bereit sind.
 
 
Elias stellt sich zweimal in seinem Leben die Sinnfrage: als junger Mann, wenn er sich für ein Leben auf dem Berg entscheidet und ein zweites Mal am Ende seines Lebens, wenn er fragt: Wofür habe ich gelebt?
 
ADRIAN GOIGINGER:
Ich denke die zweite Frage taucht in einem Moment auf, wo er sich bewusst ist, dass er sehr bald sterben wird. Ich glaube, dass man sich kurz vor dem irdischen Ziel noch einmal alle Fragen stellt und alles hinterfragt. Dieser Input ist von mir gekommen, weil ich finde, dass es auch eine Tendenz gibt, so Aussteiger wie Elias zu heroisieren. Auch bei meinen Recherchen im Zillertal habe ich den Eindruck gewonnen, dass die Leute Respekt haben vor dem, was Simon getan hat. Im Kern betrachtet, ist es aber auch sehr egoistisch, was diese Ausreißer tun. Elias fügt vielen Menschen, die ihm nahe stehen, sehr großen Schmerz zu.  Diesen Aspekt hineinzubringen, war mir ein Anliegen.
 
 
Moid und der Vater erscheinen Elias wahrscheinlich kurz nach ihrem Tod oben auf dem Berg? Welche Gedanken stehen hinter diesem dramaturgischen Griff?
 
ADRIAN GOIGINGER:
Es gehört zur Magie des Kinos, dass man eine Person so nehmen kann, wie sie ist, dass man aber auch die Zeitebenen sehr einfach und wirkungsvoll brechen kann. Zeit ist ohnehin relativ. Elias ist auf die normale Lebenserwartung hin betrachtet, zu jung gestorben. Aber was bedeutet schon Zeit in einer Relation betrachtet? Wie lange gibt es die Erde? Die Menschen? Wie plötzlich kann durch einen Krieg, wie wir das gerade erleben, ein Leben vorbei sein? Das sind Fragen, die ich mir stelle, die sich Simon gestellt hat und gewiss auch Elias? Es bietet sich an. Der englische Titel lautet Above the World – Elias geht immer weiter rauf. Zuerst lebt er auf der Mittelalm, wo er die Kühe hat und wo es ihm gut geht; von dort zieht er immer höher hinauf, bis über die Baumgrenze, um am Ende höher denn je zu sein.


 
Interview: Karin Schiefer
April 2022

«Es gibt eine Tendenz, Aussteiger wie Elias zu heroisieren. Im Kern betrachtet, ist es aber auch sehr egoistisch, was diese Ausreißer tun. Elias fügt vielen Menschen, die ihm nahestehen, sehr großen Schmerz zu.»