INTERVIEW

«Mutterschaft stand für sie nie in Frage»

Schon mit 20 war er da, dieser starke Wunsch Mutter zu werden. Mit Anfang 30 beschließt Eva-Maria, die seit ihrer Kindheit auf einen Rollstuhl angewiesen ist, mithilfe einer Samenspende ihr Glück zu versuchen. Der Filmemacher Lukas Ladner war zu diesem Zeitpunkt ihr persönlicher Assistent und brachte seine Kamera ein, um in seinem Dokumentarfilm EVA-MARIA einen intimen Schritt in seiner gesellschaftlichen Bedeutung festzuhalten und dabei das Portrait einer hellsichtigen und lebensfrohen Persönlichkeit zu zeichnen.


Im Film EVA-MARIA weiß man Sie als Regisseur hinter der Kamera und sieht sie immer wieder als persönlicher Assistent Ihrer Protagonistin auch vor der Kamera. Können Sie zu Beginn die Geschichte Ihres Verhältnisses zu Eva-Maria beschreiben?

LUKAS LADNER:
Ich bin, wie im Film zu sehen ist, Filmemacher und gleichzeitig ihr persönlicher Assistent. Diese Tätigkeit zeichnet sich dadurch aus, dass sie keine spezielle Ausbildung erfordert und das Ziel verfolgt, dass die Weisungskompetenz komplett bei dem Menschen mit Behinderung, den man betreut, bleibt. Es kommt unter Filmemacher:innen vor, dass man mit diesem Beruf allein nicht immer seinen Lebensunterhalt finanzieren kann. Ich mache das durch meine Tätigkeit als persönlicher Assistent von Menschen mit Behinderung. Ich habe zuvor Film- und Fernsehregie an der Filmhochschule Babelsberg studiert und bin dann nach meinem Bachelor wieder zurück nach Österreich. Über die Vermittlung eines Freundes erfuhr ich von Eva-Maria. So haben wir uns in einem Arbeitsverhältnis – sie als meine Klientin, ich als ihr persönlicher Assistent – kennengelernt und uns von Anfang an recht gut verstanden. Sie hat mich gerade am Anfang herausgefordert, in ihrer Art, mir eine gewisse Skepsis und einen Wunsch nach Kontrolle entgegenzubringen. Dieser leichte Konflikt und auch die Freude, mit mir über Filme zu sprechen, haben uns sehr schnell nahegebracht. Wir mussten uns eben ein bisschen aufeinander eingrooven. In der persönlichen Assistenz begleitet man Menschen durch ihren Alltag und so sind wir am Abend vor dem Fernseher gesessen und haben gemeinsam Filme geschaut. Oft waren es Filme über Menschen mit Behinderung und wir haben viel darüber diskutiert. In der Regel trifft man sich als Filmemacher bei einem Dokumentarfilmprojekt alle paar Wochen mit den Protagonist:innen. Ich war aber zwei bis drei Tage pro Woche bei Eva-Maria, um zu arbeiten. Als ich rund ein halbes Jahr für sie gearbeitet hatte, hat sie alle für sie tätigen Assistent:innen versammelt und uns verkündet: „Ich plane jetzt ein Kind. Stellt euch darauf ein.“ Es alles sehr schnell gegangen, wenn ich mir jetzt im Nachhinein den Kalender durchschaue. Zwischen unserem ersten Kennenlernen und dem ersten Mal, wo ich mit einer Kamera bei Eva-Maria war – eine Szene, die übrigens auch im Film drinnen ist – liegt eigentlich nur ein dreiviertel Jahr.


Wer von Ihnen beiden hatte die Idee zum Film?

LUKAS LADNER:
Das ist nicht so eindeutig zu beantworten. Ich dachte immer, Eva-Maria hätte die Idee gehabt. An dem Tag, als sie uns über ihr Vorhaben informiert hat, hatte ich Dienst. Ich fand die Entscheidung toll und es brannte mir unter den Nägeln. In den vielen Filmen, die wir uns angeschaut hatten, hatte oft die Behinderung selbst den zentralen Konflikt gebildet, Menschen wurden in erster Linie durch ihre Behinderung definiert. Es interessierte mich schon länger, etwas zu machen, wo ein anderes Thema im Zusammenhang mit einem Menschen mit Behinderung im Mittelpunkt steht. Ich dachte aber eher an einen fiktionalen Kurzfilm und hatte davor schon mehrmals versucht, Eva-Maria als Schauspielerin für einen Kurzfilm zu gewinnen. Dazu war sie überhaupt nicht zu bewegen. Aber am Rückweg von ihrem Arbeitsplatz sagte sie zu mir: „Eigentlich sollte man das dokumentieren.“ Ich war komplett davon überzeugt, dass dies der Freibrief für mich war, den Film zu machen. Sie hat mir erst Monate später gesagt, dass das nicht ernst gemeint war. Es ist aber ernst geworden, weil ich auf die Idee sofort aufgesprungen bin.


War dann doch nochmals eine Schwelle zu überwinden bis zum Drehstart?

LUKAS LADNER:
Es hat schon noch viel Arbeit gebraucht. Es sind noch zwei, drei Monate vergangen, bis es für Eva-Maria passte, dass ich die Kamera mitbrachte. Wir haben grundsätzlich während des Drehprozesses viel geredet, gerade am Anfang haben wir auch viel über Textnachrichten kommuniziert. Wir hatten eine Art Drehtagebuch, das wir zusammengeführt haben. Gerade am Anfang wurde es zum Instrument, um uns gegenseitig das zu sagen, was man im Moment des Drehens nicht so konkret hat aussprechen können. So haben wir Grenzen und Regeln definiert und gegenseitig Vertrauen geschaffen. Der Drehstart ergab sich dann dadurch, dass plötzlich der Termin für die erste Insemination da war. Es hat diesen Absprungpunkt gebraucht, wo klar war, dass etwas aus der Zukunft daherkommt und wir viel verloren hätten, wenn wir verpasst hätten, diesen Moment mitzudrehen.


Hatte Eva-Maria noch Zweifel angesichts ihrer Mutterschaft, die sie geteilt hat oder ist sie in dieser Hinsicht fest entschlossen gewesen?

LUKAS LADNER:
Darüber hat es nie Zweifel gegeben. Ich habe immer wieder versucht, das anzusprechen. Es war eine Grundüberzeugung und ein ganz tiefer Wunsch von Eva-Maria. Sie hat mir mal gesagt, dass sie schon mit 20 Kinder haben wollte. So jung war sie aber weder rechtlich noch von der Lebenssituation her in der Lage, diesen Schritt zu tun. Es war also ein tief sitzender Wunsch, den sie nie hinterfragt hat und zu dem sie ganz klare Vorstellungen hatte.


Es werden im Film mehrfach die Beweggründe zur Mutterschaft besprochen. Eva-Maria führt mehrmals das Thema der Wertevermittlung und auch die Hoffnung auf eine offenere Gesellschaft an. Sie selbst scheint mit ihrer Behinderung in einem offenen Umfeld aufgewachsen zu sein und hat dadurch vielleicht auch diesen selbstbewussten Schritt setzen können.

LUKAS LADNER:
Wertevermittlung war ihr immer sehr wichtig. Die Frage der Mutterschaft stand für sie nie in Frage und ich glaube, sie betrachtet es auch als gesellschaftspolitischen Auftrag. Sie sieht im Kind die Möglichkeit, einem Menschen eine Welt zu zeigen, in der Behinderung nicht stigmatisiert ist und durch dieses Kind so eine Sicht weiterzutragen. Sie hat uns Assistent:innen immer auch als Brückenbauer zwischen ihrer und der restlichen Gesellschaft betrachtet. Man kann nicht sagen, dass Eva-Maria diskriminierungsfrei aufgewachsen aufgewachsen ist, ihre Kindheit in OÖ in der Gegend um Braunau war nicht immer einfach war. Aber sie ist in einer positiven und verhältnismäßig geschützten Bubble aufgehoben, die es ihr auch ermöglicht hat, die Schwangerschaft verhältnismäßig reibungslos über die Bühne zu bringen.


EVA-MARIA verbindet ein sehr emotionales und intimes Thema mit einem sehr sachlichen Zugang. Hat Ihr Zugang als Regisseur oder vielmehr die Persönlichkeit Eva-Marias diesen Grundton bestimmt? Wollte eine/r von Ihnen beiden nicht, dass es emotionaler wird?

LUKAS LADNER:
Das ist wirklich Eva-Maria. Da haben Lisa Zoe Geretschläger und ich uns im Schnitt manchmal auch geärgert. Es sind schon ein paar Dinge vorgefallen, die wir gerne als emotionales Gegengewicht zu den vielen positiven Stimmungen drinnen gehabt hätten. Die haben aber nicht funktioniert, weil Eva-Maria einen so pragmatischen und sachlichen Zugang zu den Dingen hat. Sobald sie etwas bewältigt hat, ist es nicht mehr emotional behaftet. Das ist außergewöhnlich. Insofern hat sie mit ihrer Art den Film auch sehr stark mitbestimmt, wo wir kaum dagegenhalten konnten. Ein Beispiel: Am Beginn der Schwangerschaft musste sie wegen einer Blutung nochmals ins Spital und sie hat erzählt, dass der Arzt ihr auch vorgeschlagen hatte, dass man das Kind auch noch wegmachen könnte, falls sie es nicht wollte. Das klingt für unsere Ohren sehr krass, wir konnten es aber nicht in den Schnitt aufnehmen, weil sie, in dem Moment, wo es vorbei ist, einfach sagt: „War halt so.“ In dem Moment, wo eine Situation überwunden ist, ist sie für sie emotional nicht mehr relevant.


In Portraits ist es eine entscheidende Frage, wie man eine Person in wenigen Bildern treffend beschreibt. Durch dieses Naheverhältnis im Alltag war es vielleicht einfacher, die essentiellen Elemente ihres Lebens einzufangen. Wie sah die Bildersuche in den kleinen Räumlichkeiten aus?

LUKAS LADNER:
Ich war meistens ein Ein-Mann-Team, manchmal hatte ich Hilfe im Ton. Gegen Schluss und für die Szenen im Schwimmbad hatte ich jemanden für die Kamera. Den Alltag zu finden, war wirklich nicht schwer, weil man ihn als Assistent minutiös kennt. Eine Lehre, die ich für nächste Projekte gezogen haben, war, dass dennoch ein gewisser Abstand notwendig ist. Es wirkt alles so banal. Manche Dinge habe ich erst spät gedreht, weil ich sie gar nicht für wichtig hielt. Erst im Gespräch mit anderen Leuten ist mir bewusst geworden, dass ich gewisse Dinge erzählen musste. Nur weil ich sie jeden Tag erlebe, heißt es ja nicht, dass es langweilig ist oder nicht dazugehört. Eine Herausforderung bestand in der Frage, auf dieser Enge und in den pragmatischen Räumen Bilder zu finden. Die Ästhetik in Eva-Marias Räumen ist von einer Sachlichkeit geprägt, die nichts mit Schönheit zu tun hat. Ihr Arbeitsplatz war auch nicht gerade an einem schönen Ort. Insofern war ich sehr dankbar für die Ausflüge auf die Seegrube oder ins Schwimmbad. Das hat den Kopf geöffnet und alles zum Atmen gebracht.


Die Schwimmbadszenen sind ein Gegengewicht, die, wie auch der Moment, wo Sie einen Gipsabdruck vom schwangeren Körper machen, von Nähe und Intimität geprägt sind. Intimität ist etwas, das Ihrer beider Alltag in mehreren Facetten ständig begleitet hat. Wie sind Sie damit umgegangen?

LUKAS LADNER:
Die Idee zum Gipsabdruck kam ganz spontan. Um den Prozess der Schwangerschaft zu dokumentieren, hat sie drei Bauchabdrucke gemacht. Wir hatten ausgemacht, dass ich die Dinge nicht mehrfach drehe, außer ich war mit dem Material sehr unzufrieden. Nach dem Dreh des ersten Abdrucks war das der Fall, also durfte ich noch ein zweites Mal mitdrehen. Die ursprüngliche Idee war, dass eine Freundin, die lange auch Assistentin war, den Abdruck machen sollte. Ich hatte mich sehr darauf gefreut, weil ich mir immer gewünscht habe, dass sie meine Rolle übernimmt. Leider hat sie kurzfristig abgesagt. Dann war der Gips gekauft, die Kamera in Position und so beschlossen wir spontan, es trotzdem zu machen. Ich bin sehr froh, dass diese Szene drinnen ist. Was ich durch die persönliche Assistenz gelernt habe, ist, dass es zwei Arten von Intimität gibt: eine körperliche und eine emotionale. Ersteres sagt nur etwas über die Nähe der Körper aus. Erst durch zweiteres wird eine Bewegung/Berührung mehr als bloß eine Berührung. Das ist das Spannende an der persönlichen Assistenz. Man ist körperlich oft intim, aber selten emotional. Die Schwimm- und Gips-Szenen sind auch deshalb so stark, weil es hier nicht bloß um eine körperliche Intimität geht, die man auch an anderen Stellen im Film sieht, sondern auch um eine emotionale. Hier spürt man sehr stark die freundschaftliche Beziehung, die zwischen uns herrscht.


Ein Element, das von der ersten Einstellung an eine wichtige Rolle spielt, ist das Haar. Es beginnt mit einem Close-up auf ihre Zöpfe, die entflochten werden und setzt sich mit einem Kurzhaarschnitt während der Schwangerschaft fort. Die Haare scheinen ein Teil ihres Körpers zu sein, den sie unter Kontrolle hat und so gestalten kann, wie sie will. Hatten Sie eine ähnliche Überlegung zum Haarmotiv?

LUKAS LADNER:
Wir haben uns sehr viel über ihre Haare unterhalten, Eva-Maria hat das so nie formuliert. Ich habe eine ähnliche Deutung. Mein Eindruck ist, dass sie über das Haar sehr stark ihre Wirkung nach außen kontrollieren kann. Die jeweils zum Lebensabschnitt passende Frisur ist eine Form von Selbstinszenierung. Die Braids vor der Schwangerschaft haben ihr etwas Rebellisches verliehen, die kurzen Haare während der Schwangerschaft fand ich auch sehr passend. Die Haare sind definitiv ein Körperteil, der ausschließlich ihr gehört. Sonst ist ihr Körper ja oft geteilt in Zonen, die ihr gehören und in andere, die es nicht tun.


Was hat Eva-Maria zum Filmprojekt motiviert: Eher der soziale Aspekt, den sie als Role-Model prägen kann oder auch etwas sehr Persönliches, um etwas später einmal für ihren Sohn sehr Wichtiges zu dokumentieren?

LUKAS LADNER:
Darüber haben wir uns nun schon länger nicht unterhalten und vielleicht hat sich in der Zwischenzeit in ihrer Haltung etwas geändert. Bis jetzt war der Film ganz stark ein gesellschaftliches Projekt für sie. Sie hat auch während des Drehs öfter Bedenken angemeldet, dass es Dokumente ihres Sohnes in so jungen Jahren gibt, über die er nicht selber bestimmen durfte. Wir haben auch mal eine lange Diskussion darüber geführt, wie wir mit den Bildrechten von Ben verfahren sollten. Mein Eindruck war, dass sie für dieses gesellschaftliche Projekt dieses „Opfer“ auf sich genommen hat. Ich bin sehr gespannt, wie er das selber mal sehen wird: ich hoffe jedenfalls sehr, dass ich, wenn er alt genug ist, Gelegenheit haben werde, mit ihm darüber zu sprechen, wie es ist, seine eigene Entstehung nachvollziehen zu können.


Wo der Film aus bisherigen Arbeiten und vielleicht auch aus zukünftigen Arbeiten herausfällt bzw. herausfallen wird, ist der Umstand, dass Sie auch vor der Kamera ein wesentlicher Teil des Filmes sind. Welche Reflexionen haben Sie über Ihre eigene Position und Rolle angestellt?

LUKAS LADNER:
Eigentlich wollte ich es nicht. Gleichzeitig war klar, dass ich, wenn ich in meiner Funktion als Assistent da bin, nicht nur hinter der Kamera stehen konnte. Ich habe aber sehr lange mit der Idee im Hinterkopf gedreht, dass ich verschwinde und es irgendwann nicht mehr den Konnex zwischen mir als Filmschaffenden und mir als Assistenten geben würde, sondern ich nur einer von drei oder vier Assistent:innen bin, die den Film bevölkern. Es ist aber nie so weit gekommen. Im Nachhinein bin ich aus Klarheitsgründen sehr froh über diesen Verlauf, denn es wäre sonst sehr schwierig, die Beziehungsstrukturen herauszulesen. Jetzt bin eindeutig ich der Assistent und alle anderen Menschen im Film sind Familie oder Freunde. Ich habe viel darüber nachgedacht, was es nun für mich heißt, vor der Kamera zu stehen. Interessant ist, dass ich zuvor metatextuellen Filmen gegenüber, die meinten sie müssten das Filmschaffen im Film selbst mitdenken, sehr skeptisch war. Die Erfahrung von EVA-MARIA hat dahingehend meinen Blick stark verändert, weil ich im Schnittprozess gemerkt habe, wie gut es ist, auch transparent zu machen, wie der Film entstanden ist. So behaupten wir nämlich nicht, dass es etwas wie eine fiktionale Narration, etwas in sich dramaturgisch perfekt Gebautes und Abgeschlossenes ist, sondern etwas, das vom Moment lebt, in dem etwas aufgezeichnet worden ist. Ich bin mir gar nicht so sicher, ob ich nicht in zukünftigen Projekten, wenn auch nicht im selben Ausmaß, immer auch das Filmschaffen selbst thematisieren werde, um auch den Aspekt der Konstruktion einer Geschichte zu kommunizieren.


Gerade in diesem Film wird auch deutlich, wie die Verschmelzung der beiden Rollen Sie auch an Ihre Grenzen geführt hat.

LUKAS LADNER:
Natürlich habe ich meinen Abschied aus der Assistenztätigkeit als dramaturgischen Wendepunkt für den Film genutzt. Es war nicht geplant. Bis dahin war es gut gegangen, Dreh und Assistenz zu vereinen. Als Ben zur Welt gekommen ist, war der Plan, dass ich länger bleibe. Ich habe aber nach einigen Monaten selbst einsehen müssen, dass es unmöglich war. Ich war in einer konstanten Überforderung. Selbst die Momente, die ich ohne Kamera eingeplant hatte, haben nicht mehr die erhoffte Erholung gebracht. Ich bin im Versuch, als Ein-Mann-Band durchzulaufen und alle Stückln zu spielen, über mein Energielevel hinausgestoßen.


Bei den letzten Aufnahmen scheint Ben ca. zwei Jahre zu sein. Wieviel Zeit ist von den ersten bis zu den letzten Drehs vergangen?

LUKAS LADNER:
Da ich dann nicht mehr bei Eva-Maria gearbeitet habe, konnten wir die Drehtermine ganz klar ausmachen und ich hatte auch einen Kameramann und somit auch seitens der Bildgestaltung Unterstützung. Ich denke, insgesamt haben wir über drei Jahre hinweg gedreht. Mit der Erfüllung des Kinderwunsches ist es eigentlich recht schnell gegangen. Ich hatte mich zu Beginn der Dreharbeiten auch mit Fertilitätsstatistiken auseinandergesetzt und die Chancen stehen, egal auf welchem Wege das Kind gezeugt wird, bei ungefähr 20%. Ich hatte mich darauf eingestellt, dass es drei Jahre dauern könnte, bis sie vielleicht schwanger ist.


Sie haben sich auf ein prozesshaftes Filmprojekt eingelassen, dessen Ausgang ungewiss war. Welche Prämissen hatten Sie im Vorfeld abgesteckt?

LUKAS LADNER:
Mit dieser Frage haben wir uns zu Beginn natürlich auseinandersetzen müssen. Wichtig war, den Film von Beginn an so zu drehen, dass zwei Optionen offen waren.
Ich habe daher zwei Filme parallel gedreht: Einerseits die Geschichte der Schwangerschaft oder der werdenden Mutter und darüber hinaus gab es auf einer allgemeineren Ebene das Portrait. Im Mittelpunkt stand Eva-Maria für mich nicht nur als Frau mit Kinderwunsch und werdende Mutter, sondern als Persönlichkeit, als Mensch, als Frau, weil eben der Ausgang nicht vorhersehbar war. Es hätte Verschiedenes geschehen können. Es hätte sein können, dass sie nach zwei Versuchen sagt, es ist finanziell eine Grenze erreicht. Dann hätten wir nicht diesen starken emotionalen Bogen gehabt und man hätte sich überlegen müssen, etwas ganz Anderes zu erzählen. Das Scheitern habe ich von Beginn an einkalkulieren müssen.


Hat Eva-Maria selbst ein gutes Gefühl mit dem Film?

LUKAS LADNER:
Grundsätzlich mag sie ihn. Sie ist nicht mit allen Aussagen zufrieden. Bei den Q&As sagt sie, dass sie sich über ein paar Sachen ärgert und sich selbst vorwirft, dass sie gewisse Sachen gesagt hat. Ich habe das Gefühl, je öfter sie den Film sieht, umso mehr mag sie ihn. Ich glaube, am Anfang hat sie die Art und Weise, wie sie portraitiert wird, ein wenig irritiert, weil man mit sich selber immer viel kritischer ist als mit anderen. Der Grund, warum ich den Film mit ihr drehen wollte, war, dass sie eine sehr positive und sehr starke Persönlichkeit ist, der man gerne zuschaut und die einen mit ihrer Klarheit und Direktheit beeindruckt.


Interview: Karin Schiefer
September 2021






«Die Frage der Mutterschaft stand für sie nie in Frage und ich glaube, sie betrachtet es auch als gesellschaftspolitischen Auftrag. Sie sieht im Kind die Möglichkeit, einem Menschen eine Welt zu zeigen, in der Behinderung nicht stigmatisiert ist und durch dieses Kind so eine Sicht weiterzutragen.»