INTERVIEW

Tina Leisch über GANGSTER GIRLS

 

«Es geht um den sozialen Raum Gefängnis, nicht um die Klischees von vergitterten Fenstern. Ich wollte weder lange Gänge noch Schlüsselbunde. Ich wollte herausfinden, was im sozialen Raum Gefängnis passiert – unter diesem großen Druck, dem krassen hierarchischen Gefälle und dem Zusammensein auf so engem Raum.» Tina Leisch im Gespräch über ihren Dokumentarfilm Gangster Girls.



Sie realisieren Ihre Theaterprojekte immer wieder in gesellschaftlichen Räumen, die in der Öffentlichkeit wenig präsent sind und die menschlich ein großes Reibungspotenzial haben. Was veranlasst Sie, dort mit den Mitteln des Theaters, der darstellenden Kunst zu intervenieren?
Tina Leisch: Theater ist ja ein Mittel, um gesellschaftliche Konflikte zu behandeln. Außerdem ist es dann auch noch unterhaltsam und berührend, - allerdings nur dann, wenn es auch wirklich Konflikte berührt. Die Frage ist, warum das Theater so verkommen ist. Es ist nur eine kleine bildungsbürgerliche Schicht, für die Theater gemacht wird. Es ist ein Nischenprodukt  für die MehrheitsbürgerInnen der besseren Gesellschaft. Für das Gros der Bevölkerung wird leider keinerlei interessantes Theater produziert. Dabei kann Theater ganz viel, was Film nicht kann. So unmittelbar und direkt in einem Raum zu arbeiten, wo Menschen leben, diese Menschen dort zu thematisieren oder mit ihnen zu arbeiten und das Ergebnis auf die Bühne und somit auch in einen gesellschaftspolitischen Kontext zu stellen: das kann man mit theatralen Mitteln auf eine ganz andere, direktere, sinnlichere Weise, als wenn man die gleiche Geschichte aufschreibt oder verfilmt.

Sie gehen ja mit Ihren Theaterprojekten direkt in den Raum des Themas.
Tina Leisch:  Das macht meines Erachtens den Unterschied zwischen Theater und Film aus. Es macht ja nur Sinn, Zuschauer an einen bestimmten Ort zu schicken, wenn dieser Ort eine Bedeutung hat. Große Theaterhäuser sind ja nichts anderes als ein hohler Resonanzraum, der nichts anderes reflektiert als das Getue von der eigenen Wichtigkeit.  Wenn ich aber vom Publikum verlange, dass sie an einen bestimmten Ort kommen, dann muss es um diesen Ort gehen und um die Menschen, die man dort trifft. Ein Gefängnis, ein psychiatrisches Krankenhaus, einen Gemeindebausaal. Ich sehe auch keinen Sinn darin, an diesen Ort Schauspieler zu holen, die ich auch im Kino sehen kann.  Theater entwickelt dann eine enorme Kraft, wenn Leute, die von ihrer gesellschaftlichen Position her eher zu denen gehören, denen die Sprache genommen wird oder denen das Wort nicht sehr oft erteilt wird, wenn die sich das Wort nehmen und Probleme behandeln, – die allerdings nicht unbedingt ihre eigenen sein müssen - das ist das Spannende an solchen Projekten.

War beim Projekt im Frauengefängnis von Schwarzau das vom Medea-Stoff inspirierte Stück bereits geschrieben?
Tina Leisch: Anfangs war alles offen. Das erste Theaterprojekt im Gefängnis hab ich mit Burschen in Gerasdorf gemacht, wo wir zwischen 2004 und 2006 gearbeitet haben und eine Geschichte von jugendlichen Emigranten ohne Geld erarbeitet haben, mit HipHop und Breakdance-Battles. Das hat den Gefangenen sehr gut gefallen, wurde aber nur einmal öffentlich gespielt, dann nur noch auf Häfntournee in anderen Gefängnissen. Als dann Brigadier Neuberger in der Schwarzau Anstaltsleiter wurde, hat er mich gefragt, ob ich dort ein Stück machen würde. Das war schon eine tolle Sache, dass man auf mich zugegangen ist. Ich schlug vor, das Theaterprojekt mit einem Film zu verbinden, mit dem Hintergedanken, dass so mehr Leute das Ergebnis sehen könnten. Und wir bekamen die Genehmigung des Justizministeriums, womit ich gar nicht gerechnet hatte. Schnell wurde Ursula Wolschlager, meiner Produzentin, und mir klar, dass wir diese Gelegenheit, hinter Gittern drehen zu dürfen, nicht nur dafür nutzen, das Theaterstück abzufilmen. Schließlich hatten wir die einmalige Chance, einen Film über das Gefängnis und die Frauen da drinnen zu machen. Wir hatten nur zwei Bedingungen zu erfüllen  - die Protagonistinnen mussten anonymisiert sein, das ist in Österreich Gesetz, und der Film musste vor der ersten öffentlichen Präsentation noch einmal vom Gefängnis abgesegnet werden. Ansonsten konnten wir so frei agieren, wie das innerhalb eines Gefängnisses halt möglich ist. Wenn eine Protagonistin in der Mittagspause ihre falschen Wimpern in der Zelle vergessen hat, dann kann sie natürlich nicht einfach schnell zurück in die Zelle  gehen und sie holen. Und wenn man mit einer Schauspielerin vor dem nächsten Drehtag etwas besprechen möchte, kann man sie nicht anrufen.

Wie wurde das Stück erarbeitet?
Tina Leisch: Sandra Selimovic und ich haben 2007 begonnen, Theaterworkshops mit Spielen, Improvisations- und Lockerungsübungen, zu machen. Die TeilnehmerInnen sollten dabei aus dem Gefängnisleben und ihren Lebensgeschichten einfach improvisieren. Aus diesen Improvisationen begannen wir das Stück zu schreiben. Auf Medea fiel die Wahl deshalb, weil die Frauen immer wieder dieselben Geschichten erzählten – falsche Freunde, die auf Drogen waren oder Blödsinn gemacht haben, mit denen sie sich dann zerworfen haben und schließlich waren sie ganz allein - also eindeutig die dramaturgische Struktur von Medea. Das war der eine Anhaltspunkt und der zweite war der, dass Frauen, die Kindern etwas angetan haben, in der Gefängnishierarchie ganz unten sind. Da bot sich Medea ein weiteres Mal an. Medea, die berühmte Verbrecherin, die man im Kino oder auf der Bühne als Heldin feiert und liebt, wird nämlich im wirklichen Leben, im Gefängnisalltag wie in der Gesellschaft, meist als der letzte Dreck behandelt. Film und Theater sind beim Projekt miteinander Hand in Hand gegangen. Wir haben im Mai begonnen mit ein, zwei Drehtagen, dann wieder am Stück weiter gearbeitet, neue Szenen verfasst, dann gab es wieder einen Drehtag usw. Ende Oktober 2007 war die Premiere des Stückes, das wir relativ oft - acht Mal, davon fünf Mal öffentlich - aufgeführt haben. Nach den Theateraufführungen haben wir aber noch weitergedreht, der Dreh war erst im Juli 2008 abgeschlossen.

Man kennt aus anderen Dokumentarfilmen über Gefängnisse gewisse Arten, wie man diesen Ort darstellt, wie man die Interviewpartner anonymisiert. Wie haben Sie gemeinsam mit dem Kameramann Gerald Kerkletz das Bildkonzept erarbeitet?
Tina Leisch: Schon bevor Ursi Wolschlager mich mit  Gerald Kerkletz zusammengebracht hatte, war mir klar, dass ich einen Film ohne „Schmuddel-/Wackel-Optik“ machen wollte. Drei Dinge standen fest: es geht um den sozialen Raum Gefängnis, nicht um die Klischees von vergitterten Fenstern. Ich wollte weder lange Gänge noch Schlüsselbunde. Ich wollte herausfinden, was im sozialen Raum Gefängnis passiert – unter diesem großen Druck, dem krassen hierarchischen Gefälle und dem Zusammensein auf so engem Raum. Zweitens wollte ich keinen Film, wo die Ästhetik schon den Hinweis liefert, dass wir uns an einem schmuddeligen Un-Ort befinden. Die Ästhetik des Films sollte brillant und schön sein. Ich wollte gerade für diesen „Un-Ort“ eine Ästhetik finden, die dem Zuschauer nicht schon von Anfang an suggeriert: da haben wir es mit armen, bemitleidenswerten Wesen zu tun, auf die wir jetzt hinunterschauen. Wir versuchten ästhetisch eher die Überhöhung und das Heldenhafte aus einer theatralischen Ästhetik oder aus einem Spielfilm zu transportieren. Die Optik musste strahlen und das Klischee konterkarieren und somit den Leuten erst einmal ermöglichen, sich mit den Heldinnen zu identifizieren und dann nachzudenken, was ist mit ihnen los ist. Über die Idee mit der Figur der Medea kamen wir zur griechischen Tragödie und damit zur Idee, dass die Theatermasken eine gute Form wären, die Protagonistinnen unkenntlich zu machen. Sie stellten diese Überhöhung her, die wir uns wünschten, sie verstärken die Mimik und nehmen sie nicht weg, wie es die verpixelten Gesichter tun. Wir hielten es für eine elegante Lösung.

Es ist eine originelle Lösung und es gibt dem harten Ort eine Künstlichkeit und auch etwas Magisches. Dazu scheint es auch ein farbliches Konzept gegeben zu haben.
Tina Leisch: Ich hatte schon vorher gedacht, dass ich keine Brauntöne haben wollte, die das Schmuddelige vermitteln, sondern dass ich eher in Blautönen arbeiten will. Das Bildkonzept ist ja relativ diffizil: die Frauen im Vordergrund haben blaue Gesichter und sind mit Kunstlicht, also gelbem Licht angestrahlt, was sich dann wieder aufhebt. Dadurch, dass sie blau sind, schauen sie nicht gelb aus und der Hintergrund ist aber mit Tageslicht beleuchtet und hat dadurch einen Blaustich. Es war eine ziemliche Tüftelei, dennoch hatten Kameramann Gerald Kerkletz und ich das optische Konzept innerhalb weniger Tage ausgearbeitet. Es beruht auf zwei verschiedenen Ebenen:  wir hatten einerseits eine spezielle Optik, mit der wir diese Tiefenunschärfen hergestellt haben. Die haben wir aber nur in den starren Einstellungen in den Betrieben verwendet, wo auch andere Frauen waren, die nicht zur Theatergruppe gehörten. Die haben wir durch die Unschärfe unkenntlich gemacht. Für alles, was im Theaterraum geschah, haben wir eine ganz normale Optik verwendet und eine sehr ruhige, gelassene Handkamera.  Wir wollten diese zwei Ebenen optisch klar auseinanderhalten. Wenns um den Gefängnisalltag in der Zelle oder an der Arbeitsstätte geht, gibt es starre Tableaus, dort, wo die Frauen improvisieren, Theater spielen, mit den Burschen flirten, die einmal pro Woche ins Frauengefängnis kommen, eine bewegte Kamera.

Inhaltlich interessant ist, dass die Frauen im Mittelpunkt stehen, dass sie ihre Geschichten erzählen, ohne dass man den Wahrheitsgehalt überprüft oder relativiert.
Tina Leisch:  Genau. Wir ließen sie erzählen und improvisieren und wenn sie lügen wollten, dann sollten sie auch lügen können. Bei den Improvisationen weiß man ohnehin gleich, dass sie nicht eins zu eins der Wirklichkeit entsprechen. Unsere Absicht war, dass es irgendwann egal wird, ob etwas faktisch wahr ist, weil es ist auf jeden Fall  in einem höheren Sinn wahr ist. Die Geschichten existieren für sich, von wem sie sind oder von wem sie gerade erzählt oder nachgespielt werden, das ist nicht die Frage. Die Frauen haben mit großer Leidenschaft die Beamtinnen gespielt, es hat ihnen vielleicht gut getan, zumindest im Spiel einmal die Seiten zu wechseln oder auch sich ein bisschen zu rächen. Gefängnisangestellte als Rollen einzuplanen wäre nur gegangen, wenn sich jemand von ihnen bereit erklärt hätte, auch auf der Bühne mitzuspielen. Ich hatte versucht, Susanne Schlosstein, eine Beamtin, die vor neun Jahren in der Schwarzau die Theatergruppe gegründet hatte, dazu zu überreden, auch mit zuspielen, aber sie hat es vorgezogen, der gute Geist zu bleiben, der unsichtbar hinter der Kamera für günstige Arbeitsbedingungen sorgt.

Wie standen die interviewten Frauen zu den Gesprächen - es ist ja einerseits sehr persönlich, sie über ihre Vergangenheit und Geschichten zu befragen, gleichzeitig war es eine Gelegenheit für sie, sich etwas von der Seele zu reden?
Tina Leisch: Es war unterschiedlich. Es gab Frauen, die uns den Eindruck vermittelten, dass sie das, was sie sagen, schon hundert Mal erzählt haben. Von manchen erfuhren wir ihre Geschichten erst vor laufender Kamera.  Fürs Theaterprojekt haben wir uns als Regel aufgestellt, niemanden zu fragen, was er oder sie angestellt hat. Wir haben sie als SchauspielerInnen betrachtet. Wenn sie etwas erzählen wollten, war es gut, wenn nicht, dann auch. Manche Leute hatten wir zum Glück ins Herz geschlossen, bevor wir wussten, was sie angestellt hatten. Ich glaube, in manchen Fällen wäre es ein Hindernis gewesen, mit ihnen zu arbeiten. Beim Film war das ganz anders. Der sollte Fragen wie - wer sitzt im Gefängnis und warum, welche Strafen bekommen sie für welche Delikte - auch zum Thema machen. Dem wollten wir im Film nicht ausweichen.

Sie schreiben im Presseheft zu Gangster Girls ein Plädoyer für die Musen. Die Kunst solle einen leichteren Zugang in den Strafvollzug haben und dem Seelsorger gleichgestellt sein. Was kann Ihrer Meinung nach die künstlerische Arbeit im Strafvollzug leisten?
Tina Leisch: Das Gleiche, was die Seelsorge auch tut - einen Raum zu schaffen, wo die beiden rigiden Verhaltenscodices des Gefängnisses nicht gelten. Es gibt da einerseits das System der Institution, das sagt: du musst dich läutern und Reue zeigen, pünktlich aufstehen, verlässlich arbeiten gehen, keine Drogen nehmen. Es wird in einem Maße Anpassung und Unterwerfung eingefordert, wenn man das außerhalb des Gefängnisses praktizieren würde, dann wäre man lebensunfähig. Zum anderen ist da die Gefangenen-Subkultur, die bei Männern noch rigider ist als bei Frauen. Es gibt aber auch bei den Frauen strenge Hierarchien. Ganz unten sind die Verbrechen gegen Kinder und Sexualverbrechen, Betrug ist schon eher cool, bewaffneter Raub auch, Mord ist ein Delikt, mit dem sehr zwiespältig umgegangen wird. Die Hierarchien im Gefängnis definieren sich durchs Delikt und dann durch das Verhalten im Gefängnis, wo es vor allem um möglichst effizientes Unterlaufen der Gefängnisordnung geht, bei den Männern auch sehr viel um körperliche Gewalt. Cool ist also z.B., wer viele Dinge hereinschmuggeln kann, sich mit der Faust durchsetzt, andre sich unterwirft und vor allem niemanden verrät, auch wenn man von Gewalttaten zwischen InsassInnen weiß oder davon betroffen ist.  Auf diesem engen Raum müssen die Menschen also zwischen zwei rigiden, jeweils völlig hierarchischen, einander widersprechenden Systemen einen Modus vivendi finden: ein schrecklicher Doublebind.  Der einzige Freiraum davon sind die Ausgänge oder Besuche, die aber nicht länger als eine halbe Stunde dauern. Da sind dann Gesprächsgruppen, Therapiesituationen oder Kulturprojekte, wo Menschen von außen kommen, die nicht der Institution verpflichtet sind, wo andere Regeln gelten und man sich ein bisschen freispielen kann sehr erholsam. Und Theater erlaubt noch dazu, die eigene Situation zu thematisieren, zu reflektieren. Die Improvisationen haben immer wieder gezeigt, wie sehr Gefangene ein Bedürfnis haben,  sich an dieser schizophrenen, entmündigenden Situation abzuarbeiten.
 

Entfremdet der Strafvollzug die Menschen vom wirklichen Leben?
Tina Leisch: Ja, sicher. Ich war früher fest überzeugt, dass alle Gefängnisse sofort abgeschafft gehören. Inzwischen möchte ich es mir nicht ganz so einfach machen. Verschiedene Leute gehen damit verschieden um. Gerade in Gerasdorf gibt es 12 oder 14 Lehrwerkstätten und für diese schwer kriminellen Jugendlichen ist es ganz wesentlich, dass sie eine Ausbildung bekommen, die sie draußen vielleicht nie abschließen würden.  Auch die Strafanstalt Schwarzau z.B. ist ein Gefängnis, das sich sehr bemüht, für die Frauen etwas zu tun. Allerdings löst auch das menschenfreundlichste, humanste Gefängnis nicht das Dilemma, dass man es Menschen, die heftige Probleme haben, noch viel schwerer macht, wenn  man sie entmündigt und auf engstem Raum mit lauter Menschen, die noch heftigere Probleme haben, zusammensperrt. Für den allergrößten Teil der Gefangenen gäbe es sicher vernünftigere Lösungen, die sie weiter bringen würden als das Gefängnis. Die Betrügerin, die mit der gefälschten Kreditkarte eingekauft hat, ist letztendlich ein Produkt ihrer medialen und gesellschaftlichen Umwelt, die ihr eingeredet hat, dass sie ohne Louis-Vuitton-Tasche ein Niemand ist. Das Einsperren hat an ihrer Haltung zum Konsumzwang und zum Bedürfnis nach Luxus nichts geändert. Die Drogenkranke, die wegen wiederholter kleiner Eigentumsdelikte zum Zweck der Drogenbeschaffung hinter Gittern landet, löst in der Haft wahrscheinlich keines ihrer Probleme. Andererseits verlangen Verbrechensopfer nach Gerechtigkeit und auch der Abschreckungseffekt drohender Haft auf potenzielle TäterInnen ist wichtig. Es gibt eine gesellschaftliche Verantwortung, sich damit auseinander zu setzen, zu überlegen, was man tun kann, um sinnvollere Wege zu finden, damit einerseits den  Opfern Gerechtigkeit widerfährt, aber man auch der persönlichen Geschichte der TäterInnen Rechnung trägt. Da muss eine Gesellschaft darüber nachdenken. Schließlich sind es vor allem ärmere Leute mit geringer Bildung, die im Gefängnis sitzen. Ich möchte den Menschen nicht die persönliche Verantwortung für ihr Leben absprechen, aber an vielen Verbrechen sind die gesellschaftlichen Verhältnisse schuld oder mit schuld.

Planen Sie bereits nächste Projekte?
Tina Leisch: Ich denke über einen nächsten Film nach, das ist aber noch nicht spruchreif. Zur Zeit arbeite ich gerade an einem Theaterprojekt mit Sandra Selimovic, wo es um die mehrere Jahrhunderte lange Verfolgung von Roma und Sinti in Österreich geht.  Das ganze basiert auf historischen Dokumenten, die aus vier Jahrhunderten stammen und die wir als Puppentheater inszenieren. Figurentheater habe ich noch nie gemacht, aber mir machen Sachen nur Spaß, wenn ich das Gefühl habe, ich muss mich einer Herausforderung stellen. Das war auch spannend an der Arbeit im Gefängnis: zu wissen, man betritt nun einen streng hierarchisierten Raum, wo jeder Schritt schwierig ist, weil man schnell entweder Komplice der Institution oder der Gefangenen ist. Auch wenn man beides nicht sein will, muss man dann doch erkennen, dass man es immer wieder geworden ist, ohne es zu merken.


Interview: Karin Schiefer
März 2009