INTERVIEW

Danny Krausz über ein neues Filmförderungsmodell

 

Seit seiner Gründung 2007 hat der Deutsche Filmförderfonds (DFFF) bereits über 200 Projekte mit rund  €130 Mio unterstützt. Das deutsche Fördermodell, das einen Teil der im Land ausgegebenen Produktionskosten refundiert, könnte mit Beginn 2010 ein österreichisches Pendant finden und damit das heimische Fördersystem auf eine breitere Basis stellen. Ein Gespräch mit Danny Krausz, dem Obmann des Fachverbandes für Film- und Musikindustrie.


Kann man die Einführung eines zusätzlichen Förderfonds nach dem Modell des DFFF als gesichert betrachten?
Danny Krausz: Es gab eindeutig positive Stellungnahmen seitens des Finanz- und des Wirtschaftsministeriums, dass die Umsetzung des Modells mit einem Zeithorizont Ende 2009 stehen soll.

Wie ist es nun ziemlich rasch zur Konkretisierung dieser Maßnahme gekommen?
Danny Krausz: In Deutschland funktioniert das Modell des DFFF seit 2007 sehr eindrucksvoll. Die Gespräche über ein vergleichbares Modell haben bereits während der letzten Legislaturperiode begonnen. Der anhaltende internationale wie nationale Erfolg der österreichischen Filme hat dazu beigetragen, dass das Thema nicht mehr abgeebbt ist und die positive Wahrnehmung kontinuierlich stieg. Gemeinsam mit der Austrian Business Agency (ABA) und den Tourismusverbänden haben wir uns an die Arbeit gemacht, die volkswirtschaftliche Sinnhaftigkeit dieses Modells darzustellen. Schließlich hat Gabriele Kranzelbinder Kulturstaatsminister Neumann eingeladen, das Modell den österreichischen Politikern vorzustellen, was er in sehr eindrucksvoller Weise getan hat. Die Politik erachtet die Einführung dieses Fonds in zweierlei Hinsicht für sinnvoll: zum einen zollt es den großen Erfolgen der heimischen Filmschaffenden einen angemessenen Respekt und zum anderen handelt es sich in gewisser Weise auch um eine vielfältige konjunkturbelebende Maßnahme.

Wie hoch soll der Fonds ausgestattet werden?
Danny Krausz: Eine Bedarfsanalyse hat ergeben, dass € 20 Mio eine angemessene Budgetgröße wäre. Das bedeutet ein Drittel der Höhe des deutschen Budgets, man darf aber nicht vergessen, dass wir in Österreich ein sehr hohes kreatives Potenzial haben und wenn wir das auch ausschöpfen wollen, ist diese Höhe ein angemessenes Ziel.

Was bedeutet die Form eines Rabattmodells konkret?
Danny Krausz: Die Förderung wird nach den in Österreich vollzogenen Ausgaben bemessen. Dafür gibt es einen Katalog mit anerkannten Leistungen, und daraus ergibt sich ein Betrag, der refundiert werden kann. Das bedeutet, das Geld muss zunächst ausgegeben, also vom Produzenten zwischenfinanziert werden. Es gibt Ratenzahlungen, vor der Schlussrate jedoch eine Endprüfung. Ein wesentlicher Unterschied liegt darin, dass die Ausgaben nicht branchenrelevant sein müssen. Es ist ein wirtschaftsorientiertes Modell, das den heimischen Produzenten mehr Konkurrenzfähigkeit verleihen soll. Was es sicher nicht leisten kann, ist strukturell immanente Finanzierungsprobleme in anderen Bereichen mit zu lösen.

Welche Förderkriterien wird man in Österreich anlegen?
Danny Krausz: Das Modell muss notifiziert werden und dafür gewisse Rahmenbedingungen erfüllen, darunter auch kulturelle.  Weiters wird auf eine hohe Beschäftigungs¬komponente geachtet. Das geplante Bewertungssystem kann quasi ein positives Handicap schaffen, um unsere Produktionen gut zu platzieren. Mit RTR ist es bereits gelungen, dass verstärkt Kapital aus anderen Ländern in heimische Produktionen geflossen ist. Im neuen Modell, das sich auf Kinoproduktion beschränkt, sollte eine ähnliche Effizienz erzielt werden.

Es wird für die Abwicklung des Förderverfahrens einer Infrastruktur bedürfen, was ist dafür vorgesehen?
Danny Krausz: Im Idealfall ist das Punktesystem so klar, dass es nur einer technischen Administration bedarf, die alles prüft. Ein Gremium wird in Ausnahmefällen bei höherem Budgetbedarf hinzugezogen. Unser Wunsch ist es, die Administration klein zu halten und bestehende Strukturen zu nutzen. In Deutschland hat man die FFA genutzt. Der Fonds wird aus dem Finanz- oder Wirtschaftsministerium gespeist, aber die grundsätzliche Administration könnte man im ÖFI oder bei der ABA beherbergen.

Diese positive Entwicklung geht dennoch mit der Sorge einher, dass eine Erweiterung der Mittel da, ein mögliches Schwinden von bisher verfügbaren Mitteln dort bedeutet.
Danny Krausz: Es geht bei diesem neuen Fonds um die Kinoproduktion, weder Fernsehgelder noch die Fernsehproduktion dürfen damit substituiert werden ? das ist eine große Gefahr, die auch allen bewusst ist. Es geht nicht darum, das öffentlich rechtliche Fernsehen aus der Verantwortung zu nehmen. Im Gegenteil, wir wollen es stimulieren. Wir haben die Forderung nach einer verpflichtenden Investitionsquote des ORF formuliert, bis Herbst soll ein Gesetz entworfen werden. Die Position der Filmwirtschaft ist dabei klar:  Eine Branche, die ein Produktionsvolumen von knapp € 140 Mio hat und knapp 70% davon aus Fernsehproduktionen bestreitet, wird kein neues ORF-Gesetz hinnehmen, in dem nicht verankert ist, dass die Gebühren maßgeblich für heimische Produktionen zu verwenden sind. Das Film-Fernseh-Abkommen war eine freiwillige Selbstverpflichtung ohne gesetzliche Verankerung. Hätte man das damals schon verpflichtend festgehalten, wäre viel früher klar geworden, dass der ORF auf Schwierigkeiten zusteuert. Es besteht Handlungsbedarf und es braucht zusätzliche politische Rahmenbedingungen. Es darf nicht sein, dass die heimische Produktion als Variable gilt. Tatsache ist, dass die Fernsehproduktion der Motor der Filmwirtschaft ist. Wir haben hier ein Wirtschaftsmodell vorgeschlagen, mit dem wir unsere Situation langfristig und schlagkräftig verbessern wollen und keinesfalls den ORF aus der Pflicht nehmen.

Mit der Aussicht auf die Schaffung des Fonds sowie einigen Budgeterhöhungen kann man eigentlich von einer durchaus positiven Stimmung sprechen?
Danny Krausz: RTR, ÖFI, FFW (wo man gerne vergisst, dass es da auch Erhöhungen gegeben hat) bilden wesentliche Eckpunkte und im Idealfall könnte ab 1.1.2010, ein wirtschaftsorientiertes Modell mit dem möglichen Namen ÖFFF, eine zusätzliche Säule schaffen. Wenn dann auch noch das ÖFI schrittweise auf € 20 Mio angehoben wird, dann haben wir ein Gesamtvolumen, wo wir uns endlich wieder unserer Hauptbeschäftigung zuwenden können, nämlich Filme zu machen. Dieser Befund wird durch eine Problemstellung getrübt, nämlich die Frage, wie geht ein kleines europäisches Land mit einem öffentlich-rechtlichen Rundfunk um. Welche Verantwortung haben solche Sender gesellschafts-und kulturpolitisch zu übernehmen? Gibt es noch eine Leidenschaft, ein Sendungs-Bewusstsein im wahrsten Sinn des Wortes? Abgesehen davon gibt es viele Fragen, die urheberrechtlich im Bereich der Digitalisierung und Internetnutzungsformen auf uns zukommen. Dort müssen wir uns hinwenden, wenn wir gesellschaftspolitisch modern sein wollen. Sich darum zu kümmern, hat zurzeit niemand Zeit, weil wir so damit beschäftigt sind, die Basisprobleme loszuwerden. Prinzipiell haben wir in der Politik sehr gute Gesprächspartner und auf unserer Seite sehr schlagkräftige Akteure, die unsere Forderungen rechtfertigen. Wenn wir in dieser Ausgewogenheit künstlerisch wie wirtschaftlich reüssieren, dann hat man die besten Voraussetzungen mit Argumenten stichhaltig durchzukommen.

 

Interview: Karin Schiefer

Juni 2009