INTERVIEW

Benjamin Heisenberg über SCHLÄFER

"Es gibt in Schläfer auch immer wieder Momente und Passagen, wo diese Arbeit aus der bildenden Kunst als ein Einflussgeber auftritt. Ich habe immer wieder versucht, antirealistische Momente einzubauen, die ein Gefühl unerwartet mit etwas Neuem konterkarieren. Ich finde es interessant und produktiv, den Zuschauer immer wieder aus dem herauszuhebeln, wo er sich gerade hineinfallen lässt, um seine Wachsamkeit anzustacheln und ihn eben gerade nicht zum Schläfer werden zu lassen." Benjamin Heisenbergs erster Langspielfilm Schläfer feierte  internationale Premiere in der Reihe Un Certain Regard uraufgeführt.

 

Wenn auch nicht explizit ausgesprochen, es schwingt in Schläfer ein Nachhall vom 11. September mit. Wie ist die Idee zur Geschichte entstanden?

BENJAMIN HEISENBERG: Der 11. September war für mich ein einschneidendes Erlebnis, weil ich das Gefühl hatte, dass allen mit einem Paukenschlag bewusst wurde, wie diese neue Form des Terrors die politische Situation verändern würde. Die Länder waren mit ihren Armeen auf nationale Kriege eingestellt, aber die Herausforderung war jetzt eine ganz andere. Die Folgen wurden so schnell sichtbar. Die nationalen Sicherheitssysteme wurden mit Hochdruck umgebaut, um mit dem Terrorismus als neuer "Kriegsform" umgehen zu können und leider wurde gleich die Chance genutzt um auch innenpolitische Änderungen durchzuführen, die seit langem auf den Wunschlisten der Regierungen standen, aber nie mit den Datenschutzrichtlinien vereinbar gewesen waren. Es hat mich sehr betroffen gemacht, dass innere Sicherheitsgesetze durchgebracht wurden, die in den achtziger Jahren vehement bekämpft worden wären. Und mir wurde klar, wie wenig eigentlich passieren muss, dass diese Grundrechte aufgegeben werden. Für mich stellte sich deswegen die Frage, wie schnell politische Verunsicherung dazu führen kann, dass jemand seine eigenen Grundsätze und Werte über den Haufen wirft und was passieren muss, bis es zum Verrat kommt. Bis heute hat der 11. September eine große Verunsicherung ausgelöst, die die Menschen gleichzeitig auch politisiert hat. Außerdem nehme ich eine generelle Verunsicherung unserer Gesellschaft wahr, die im Zuge der Globalisierung entstanden ist und vor allem von der Komplexität der Wahrnehmung der Welt herrührt.

 

Wenn man Johannes, den Protagonisten im besonderen betrachtet – er ist in einer Phase des Übergangs, betritt zu Beginn des Films die nüchterne Welt der Universität – , so entsteht der Eindruck, dass in ihm ein Prozess der Selbstentfremdung beginnt.

BENJAMIN HEISENBERG: Ich denke, dass über den ganzen Film hinweg ein Prozess der Selbstentfremdung stattfindet. Für mich ist Johannes jemand, der in seiner beruflichen Welt sehr sicher ist, in emotionalen Fragen aber unsicher. Die Entfremdung findet in Momenten statt, in denen er sich von Aspekten seines Weltbildes entfernt, in denen er Sicherheit gewohnt war. Er merkt, dass er emotional Sachen entscheidet, die er intellektuell von sich nicht erwartet hätte. Alle drei Hauptfiguren vereint die Tatsache, dass sie ihre Grundsätze irgendwie über den Haufen werfen oder auf Kosten anderer Dinge tun, um einen emotionalen Zugewinn oder Sicherheit zu erlangen.

 

Ist diese Suche nach einem Weg zwischen der beengenden sozialen Kontrolle und der totalen Freiheit ein Unbehagen dieser Zeit?

BENJAMIN HEISENBERG: Ich glaube, dass es heute so etwas wie eine Suche nach Halt und nach Freiheit gibt und das ist gegenläufig. Die alten Lebensstrukturen von Familie, Heiraten, Kinder kriegen etc. führten dazu, dass man für bestimmte unumgängliche Zwänge ein Gefühl entwickeln konnte und entscheidungsfähig war. In unserer jetzigen Situation ist es so, dass man sich entscheiden kann, ob man sich diese Zwänge auferlegen oder die dafür nötige Kraft für etwas anderes aufheben will. Da gibt es ein ständiges Dealing. Diese Entscheidungssituation hat sich früher nicht so leicht eingestellt wie jetzt, weil viele Entscheidungen durch Tradition und Brauchtum vorbestimmt waren. Heute lebt man in der Gewissheit, dass es mehrere richtige und auch falsche Lösungen gibt, die sich erst über einen längeren Zeitraum als richtig, oder falsch erweisen. Damit werden Entscheidungen sehr viel schwieriger, sehr viel individualisierter. In dem Moment, wo dann auch die emotionale Verbindung zu sich selbst fehlt, hat man gar keinen Richtungsweiser mehr. Dieses Dilemma teilen alle drei Hauptfiguren des Films. Sie sind Fremde in der Stadt, können nicht auf einen Freundeskreis, ein Netz an sozialer Sicherheit zurückgreifen und befinden sich auf der Suche nach äußerem und innerem Halt.
 

Wofür steht das Milieu der Wissenschaft im Film?

BENJAMIN HEISENBERG: Für mich ist es zuallererst ein Milieu, wo ethische Fragen gestellt werden. In Tierversuchen wird im Rhythmus tagtäglicher Arbeit über Leben und Tod entschieden und ich hatte das Gefühl man entwickelt deshalb eine Form von rationalisierter Haltung, die etwas mit der rationalisierten Haltung eines Informanten für den Verfassungsschutz oder der eines Schläfers zu tun hat. Es kommt zu einer Form von emotionaler Abspaltung, weil man etwas ins Theoretische transformieren muss, das man sonst vielleicht sehr emotional bewerten würde. Die Motive, sich diese Abspaltung anzutun, sind sehr unterschiedlich. Im einen Fall tut man es um einer Ideologie willen, im anderen für die wissenschaftliche Durchdringung von Problemen, in einem dritten kann es schlichtweg damit zu tun haben, dass man Geld verdienen muss. Etwas, das normalerweise auf einem emotionalen Level stattfindet, wird rationalisiert und damit geht ein Gewissenkonflikt einher.

 

Trotz des "nüchternen" Milieus der Wissenschaft enthält der Film immer wieder Momente von starker symbolischer Wirkung?

BENJAMIN HEISENBERG: Manches ist sicher bewusst drinnen, manches weniger, das funktioniert bei mir auch auf einem halb bewussten Level. Ein Bild, das für mich sehr stark ist, ist die Gesangsvorführung am Ende des Films. Die Anordnung ist so, dass die Lippen der Sängerin gefilmt und auf die Leinwand projiziert werden und sie somit zweistimmig mit sich selbst singt. Dieser Mensch, der mit zwei Stimmen singt, hat für mich etwas vom mit sich selbst nicht Eins-Sein und liefert gleichzeitig ein öffentliches und ein privates Bild der Sängerin.

 

Repräsentieren Johannes und Farid zwei Gegenpole oder zwei Kämpfer auf der gleichen Seite?

BENJAMIN HEISENBERG: Auf der gleichen Seite auf keinen Fall. Als richtige Gegenpole würde ich sie auch nicht sehen. Es gibt Teile in ihnen, die gegeneinander gerichtet sind, andere zueinander. Johannes liefert einerseits Berichte über Farid ab und andererseits entwickelt er eine Beziehung zu ihm. Es ist eine berufliche Situation mit bestimmten Konfliktfeldern, es ist aber auch Sympathie da. Johannes sieht in Farid einen der wenigen, mit dem er sich gut unterhalten und auf einem ähnlich hohen Level diskutieren kann. Gleichzeitig ist er ihm als Mensch in seiner Physis und seiner Form, Konflikte anzugehen oder die schönen Seiten des Lebens zu leben, eher fremd. Es gibt einen Impuls zu ihm hin und einen Impuls von ihm weg und je nachdem, wo Johannes gerade im Film steht, überwiegt das eine oder das andere. Der Verrat am Ende geschieht aus einem Zusammenspiel von Enttäuschung und Handlungen, die im Laufe des Films passiert sind und an denen er verzweifelt.

 

Welche Rolle spielt das Liebesdreieck, was kommt durch Beate in diese Geschichte hinein?

BENJAMIN HEISENBERG:  Ich sehe es nicht mehr als eine Ménage à trois. Ich habe das zwar eine Weile so bezeichnet, bin aber zum Schluss gekommen, dass es nicht zutrifft, weil sich die drei nicht wirklich in der Situation arrangieren und das Konkurrenzverhältnis weiter schwelt. Beate ist selbst eine Suchende und verbindet sich deswegen mit beiden, weil sie in beiden zwei Seiten einer Medaille findet. Sie braucht beide Seiten, weil sie selbst unsicher ist. Ich habe sie als Charakter immer so gesehen, dass sie nach außen hin verhältnismäßig stark wirkt, aber immer wieder emotionale Abstürze in Einsamkeit und im Allein-Sein erlebt und sich tendenziell Partner sucht, die sie sozusagen über Wasser halten. In dem Moment, wo der eine wegbricht, sucht sie sich einen anderen. Als Farid ungreifbar wird, versucht sie wieder Johannes an Land zu ziehen, um nicht in die Einsamkeit zu sinken. Sie hat insofern auch Gemeinsamkeiten mit den Psychologien der beiden anderen, die auch auf ihre Weise einsam und haltsuchend sind. Die Liebe ist bei beiden Männern ein relativ gebrochenes Thema. Farid lässt sich darauf ein, bleibt aber derjenige, der kontrolliert. Johannes scheint jemand zu sein, der sich wirklich in Beate verliebt und der eine wirkliche Zuneigung zu ihr entwickelt. Gleichzeitig könnte er aber wahrscheinlich nicht hundertprozentig für sie gerade stehen, wenn wirklich eine Beziehung daraus würde. Ich glaube, er ist jemand, der aus einer theoretischen Phantasie heraus liebt. Deswegen kann er am Schluss, wenn es zu Ende geht, auch damit umgehen, obwohl er sehr verletzt ist. Seine Zuneigung zu ihr oder der Teil in ihm, der sich in diesen bestimmten Menschen als Unikat verliebt, ist schwächer als der Wunsch nach einer Beziehung überhaupt. Es geht ihm mehr um Sicherheit für sich selbst. Insofern ist er eben auch ein Suchender der es aus einer Mischung aus echter Zuneigung und verletzbarem Stolz immer wieder sucht und versucht.

 

Der Film verzichtet auf eine moralisch starke Figur, die gewisse Werte repräsentiert und er verzichtet auch auf das Prinzip Liebe als Lösung? Eine pessimistischer Sicht des zwischenmenschlichen Gefüges?

BENJAMIN HEISENBERG: Ich sehe es nicht so. Ich glaube, dass die Verbindung dieser drei Menschen auf einem zu wackeligen Boden gebaut ist. Aber das ist mehr eine realistische als eine pessimistische Einschätzung. Dass es keine starke moralische Figur gibt, dahinter steht keine Absicht. Ich wollte Verunsicherung zeigen, und ich glaube nicht daran, dass die Menschen, die starke moralische Grundsätze haben, besonders viel Ordnung ins Leben bringen. Dass die Liebe im Film kein Heilsversprechen birgt, da bin ich mir nicht so sicher. Er sagt vielmehr, dass dieser Wunsch nach Liebe, den es in dieser Konstellation im Film gibt, zu keiner Sicherheit führt, weil er zu viele Komponenten der Unsicherheit in sich birgt. Die Liebe ist kein wirkliches Interesse am anderen, sondern ein Wunsch nach Sicherheit. Ich halte diese Liebe für wenig haltbar, aber nicht für weniger verständlich und ich habe das Gefühl, dass es heutzutage sehr oft so funktioniert. Aber ich bin davon überzeugt, dass eine sehr starke Liebe sehr viel Sicherheit im Leben bringen kann. Dennoch sind gut funktionierende Liebesbeziehungen, diesem Auf und Ab von Sicherheit und Unsicherheit immer wieder ausgesetzt und es wird bei weitem nicht alles, wie es in romantischen Geschichten immer wieder dargestellt wird, von der Liebe aufgefangen. Ich denke so ist die Liebe im Film beschrieben.
 

Welche Rolle nimmt die scheidende Großmutter ein, was wird mit ihr verschwinden? Was bewegt Johannes dazu, einen Versuch in Richtung Spiritualität zu unternehmen?

BENJAMIN HEISENBERG: Die Großmutter stellt keine spirituelle Person dar. Gebete sind für sie wichtig und verschaffen ihr immer noch eine gewisse Form der Heilung. Da muss es eine Form des Glaubens geben, der für sie immer noch relevant ist, selbst in der verwirrten Verfassung, in der sie sich befindet. Johannes sieht, dass es Formen des Lebens mit dem Glauben geben kann, die Sicherheit bieten, und gleichzeitig kommt dieses Lebenskonzept für ihn erstmal nicht in Frage. Für Johannes repräsentiert die Großmutter und ihr Umfeld einen emotionalen Ruhepol, wo er wirklich ausatmen kann. Für ihn bildet das immer noch eine gewisse Form des Kokons, selbst wenn er mithelfen muss, um ihn aufrechtzuerhalten. Es ist ein sehr unsicherer Kokon, weil er weiß, dass sie irgendwann sterben wird. Die Großmutter repräsentiert eine alte Welt mit alten Werten, die im Scheiden ist, in der Johannes Ruhe, aber auch nicht den Halt, den er sich erhofft, findet. Sein Versuch, am Ende zu beten, ist der Versuch, von dieser Welt etwas mitzunehmen, was aber nicht gelingt, weil es für das Wirken des Glaubens des Glaubens selbst bedarf. Glaube ist nichts, was man lernen kann. Das sagt auch Behringer am Ende - "der Glaube ist halt kein Gedankenspiel". Es zeigt sich bei Johannes am Ende des Films, dass er aus Verzweiflung diesen Versuch unternimmt, der aber nicht funktioniert, weil er die Grundvoraussetzung dafür nicht erfüllt. Ich beantworte auch nicht die Frage, ob der Glaube tatsächlich ein besseres Weltbild hervorbringt. Das bezweifle ich, aber er bringt bis zu einem gewissen Grad mehr Sicherheit in bestimmten Fragen, weil er Antworten für bestimmte Lebensfragen parat hat.

 

Wie entstand die Affinität zu coop99?

BENJAMIN HEISENBERG: Zur Zusammenarbeit mit coop99 kam es über unsere Zeitschrift Revolver, in der wir einmal eine Ausgabe über coop99 gemacht haben. Wir hatten Lovely Rita gesehen und waren sehr begeistert, dann sahen wir die anderen Arbeiten von Barbara Albert, Jessica Hausner und Antonin Svoboda, die alle mit Martin Gschlacht gedreht haben. Uns erschien das als ein sehr interessantes Produktionskonzept. Wir waren auch mal hier bei der Viennale zu einem Treffen Revolver mit coop99, da haben wir uns gut befreundet und festgestellt, dass es inhaltlich große Überschneidungen gibt und man gut zusammenarbeiten könnte. Ich hatte bei coop99 auch das Gefühl, dass sie eine der wenigen Produktionsfirmen in Europa ist, mit der man auf einem sehr hohen künstlerischen Level die Art von Film machen kann, die ich mache.

 

Welche Kriterien waren beim Casting der Protagonisten ausschlaggebend?

BENJAMIN HEISENBERG:  Ich war sehr froh, dass Markus Schleinzer das Casting gemacht hat, da er meines Erachtens eine besondere Form zu arbeiten hat. Er hat in Österreich schon eine ganze Reihe von tollen Filmen gemacht, die einen hohen Wirklichkeitsanspruch haben und wir wollten Leute, die irgendwie speziell sind und die man auch im wirklichen Leben treffen kann. Bastian Trost für die Rolle des Johannes habe ich sehr früh gefunden, Mehdi Nebbou für die Rolle des Farid war schwieriger. Für ihn galt es, jemanden zu finden, den man als Algerier wahrnimmt, der eine intellektuelle Komponente mitbringt, eine gewisse Männlichkeit und Kraft ausstrahlt und auch ein bisschen undurchsichtig sein kann. Wir haben ihn dann mehr oder weniger durch Zufall gefunden. Es war auch sehr wichtig, dass die Dreieckskonstellation mit Beate funktioniert und keiner von den dreien wegkippt. Das alles hat dann zusammen mit Loretta Pflaum für Beate sehr gut gepasst.

 

Schläfer ist Ihr Abschlussfilm an der Filmschule München. Vom künstlerischen Background her kommen Sie ursprünglich aus einer anderen Sparte?

BENJAMIN HEISENBERG: Ich bin nach der Schule direkt an die Kunstakademie gegangen, habe bis 2000 freie Bildhauerei an der Münchener Akademie studiert und die letzten Jahre parallel dazu auch Film. Ich arbeite immer noch parallel in beiden Sparten. Meine Arbeiten in der bildenden Kunst haben sich peu à peu in Richtung Film entwickelt. Ich habe begonnen, von klassischer Malerei und Skulptur ausgehend Videoarbeiten zu machen und daraus kam es zu einer filmischen Auseinandersetzung, die wiederum zu einem ersten Kurzfilm führte, den ich auf eigene Kosten gedreht habe. Die Herstellung dieses Films war zwar ein großes Durcheinander, hat mich aber dennoch überzeugt, dass ich gerne filmisch weiterarbeiten würde. Mit diesem Film habe ich mich daraufhin an verschiedenen Filmschulen beworben und bin dann in München geblieben, was sich durch das Kunststudium angeboten hat. Schläfer ist jetzt auch von der Münchener Filmhochschule unterstützt worden.

 

Was kann der Film, was die Bildhauerei nicht kann?

BENJAMIN HEISENBERG: Für mich ist der Film ein Collage-Medium in der Zeit. Das ist einer der Unterschiede zur Bildhauerei, auch wenn die Installationskunst das zu einem gewissen Grad auch kann. Natürlich ist Bildhauerei wie Film eine Modellierung von Licht und Schatten aber Bilder zu haben, die eine Bewegung implizieren oder vortäuschen und die mit einem gesprochenen Text oder generell Ton kombiniert werden und eine Geschichte erzählen können, das war eine Neuigkeit. Natürlich kann auch eine Skulptur eine Geschichte erzählen – meine Skulpturen waren symbolistische, parabelhafte Figuren, die z.T. sehr erzählerisch waren – ich glaube aber, dass der Film noch einmal eine eigene Wirklichkeit bietet und dass der Spielfilm eine besondere Reminiszenz an die Wirklichkeit hat. Dieses "Make believe", das einem das Gefühl eines Wirklichkeitsraums vermittelt, führt dazu, dass emotional noch einmal eine ganz andere Triebfeder am Werk ist, die mich interessiert. Es gibt in Schläfer auch immer wieder Momente und Passagen, wo diese Arbeit aus der bildenden Kunst als ein Einflussgeber auftritt. Z.B., wenn man die Figuren von vorne beim Computerspielen, mit Blick in die Kamera sieht. Das kommt aus einer Videoinstallation von mir, wo Kinder beim Computerspielen beobachtet wurden. Sie schauen dabei direkt in die Kamera und es herrscht dabei eine irrsinnige Form der Konzentration. Ich habe immer wieder versucht, antirealistische Momente einzubauen, die ein Gefühl unerwartet mit etwas Neuem konterkarieren. Ich finde es interessant und produktiv, den Zuschauer immer wieder aus dem herauszuhebeln, wo er sich gerade hineinfallen lässt, um seine Wachsamkeit anzustacheln und ihn eben gerade nicht zum Schläfer werden zu lassen.

 

Interview: Karin Schiefer (2005)