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Rückblick auf das Filmjahr 2016

Das Filmjahr 2016 ist ein Jahr der Mitte. In sich gefestigt, ohne je zu ruhen hat es für einen Jahrgang gesorgt, der selten in dieser Breite und Ausgewogenheit Zustimmung bei der Kritik, den Jurys der Festivals und beim Kinopublikum erfahren hat. Werfen Sie einen Blick zurück auf das Jahr von DIE GETRÄUMTEN, KATER, HOMO SAPIENS, SAFARI, MISTER UNIVERSO, BRÜDER DER NACHT u.v.m.
 
Sieht man von der Ausnahmeproduktion des Jahres TONI ERDMANN ab, an der die Wiener coop99 filmproduktion als Koproduktionspartner und Peter Simonischek als soeben zum European Actor 2016 gekürter Hauptdarsteller mitgewirkt haben, tendiert die internationale Erfolgsbilanz des österreichischen Filmschaffens auch dieses Jahr zu einem Spitzenergebnis bei Festivalteilnahmen und Preisen – dieses wird aber weniger von einzelnen Spitzenreitern als vielmehr von einer ganzen Palette an Filmen getragen, die sich formal durch ihre besonders erfindungsreiche Bildersprache auszeichnen. Im Oktober und November 2016 verzeichnete die AFC – Austrian Films mehr als 230 Teilnahmen, allein KATER von Händl Klaus reiste dabei mit mehr als dreißig Teilnahmen in rund sechzig Tagen um die Welt. 
 
Wenn sich im Jahresrückblick 2016 das Bild der Mitte aufdrängt, so nicht nur aufgrund der sprichwörtlich breiten und soliden Basis, von der aus das heimische Filmschaffen in seiner beispielhaften Vielfalt agiert. Viele der 2016 international besonders stark rezipierten österreichischen Filme zeugen von einer Bildersuche abseits konventioneller Zuordnungen von fiktional oder dokumentarisch. Ob nun Ruth Beckermann in DIE GETRÄUMTEN zwei zeitgenössische Künstler – Anja Plaschg und Laurence Rupp – lesend in die Korrespondenz von Ingeborg Bachmann und Paul Celan eindringen lässt und eine bewegende Begegnung zwischen Literatur und Film schafft, ob Nikolaus Geyrhalter in HOMO SAPIENS mit seinen Blicken auf menschenleere Realitäten die Fiktion vom Ende der Menschheit in unsere Köpfe pflanzt, ob Patric Chiha in BRÜDER DER NACHT das Dokument einer Welt der Prostitution zeichnet, die wir (so die Jury des 3sat Dokumentarfilmpreises) „über das Fiktionale neu zu denken imstande sind“, Tizza Covi und Rainer Frimmel sich mit MISTER UNIVERSO einmal mehr auf die guten Fügungen des Alltags und eine Suche nach dem Glück im Milieu des Wanderzirkus einlassen oder Ulrich Seidl in SAFARI europäische Großwildjäger und ihre Abenteuer in seine bestechenden Bilder fasst – unterschiedlicher könnten die filmischen Erzählformen nicht sein, gemeinsam ist ihnen, dass sie sich im weiten Mündungsgebiet von Fiktion und Dokumentarfilm herausgebildet haben, aus dem heraus sich das heimische Filmschaffen seit einigen Jahren auf so spannende Weisen immer wieder neu zu erfinden vermag. 
 
Einige Höhepunkte: Zum Auftakt des Festivaljahres 2016 folgte Daniel Hoesl mit seinem zweiten Spielfilm WINWIN auch zum zweiten Mal einer Einladung des Festivals von Rotterdam, Stephan Richter holte mit seinem Spielfilmdebüt EINER VON UNS in Saarbrücken den Max Ophüls Preis, die vier bei der Berlinale uraufgeführten Arbeiten – BRÜDER DER NACHT von Patric Chiha (Panorama Dokumente), DIE GETRÄUMTEN von Ruth Beckermann (Forum), HOMO SAPIENS von Nikolaus Geyrhalter (Forum) und KATER von Händl Klaus (Panorama Spezial) – erwiesen sich als Zugpferde dieses Festivaljahres mit insgesamt 144 Einladungen.  Barbara Eder wurde mit THANK YOU FOR BOMBING von Variety als eine von „10 Women Filmmakers to Watch“ ausgewählt und präsentierte ihren Film beim Festival von Sydney, Tizza Covis und Rainer Frimmels  MISTER UNIVERSO begann seinen Festivallauf im Wettbewerb um den Goldenen Leoparden von Locarno und holte nicht weniger als fünf Preise anlässlich dieser Uraufführung, Österreichs Auslandsoscar-Kandidat VOR DER MORGENRÖTE feierte auf Locarnos legendärer Piazza Grande vor rund 8000 Zuschauern seine Weltpremiere, Ulrich Seidl legte mit SAFARI einmal mehr seine neueste Arbeit am Lido von Venedig vor. EIN DEUTSCHES LEBEN von Christian Krönes, Florian Weigensamer, Roland Schrotthofer, Olaf S. Müller schaffte den Sprung unter die  15 Empfehlungen, die für die Nominierung zum European Documentary 2016 ausgegeben wurden, Virgil Widrich holte mit DIE NACHT DER 1000 STUNDEN in Busan den hochdotierten Bank Award und Lukas V. Rinners DIE LIEBHABERIN konnte in Turin und Mar del Plata an nur einem Wochenende drei Auszeichnungen für sich entscheiden. 
 
Das Rennen um den erfolgreichsten Festivalfilm 2016 geht mit einigem Abstand an KATER von Händl Klaus, der es seit seiner Uraufführung bei der Berlinale auf 55 internationale Teilnahmen brachte. Es folgen die weiteren Berlinale-Starter DIE GETRÄUMTEN mit 34, HOMO SAPIENS mit 31 und BRÜDER DER NACHT mit 24. Ulrich Seidls SAFARI verzeichnet allein in der kurzen Zeitspanne von der Weltpremiere Anfang September bis Jahresende 24 Teilnahmen. Besondere Beachtung verdienen auch die 24 2016er-Teilnahmen von Jakob Brossmanns LAMPEDUSA IN WINTER, der bereits im August 2015 seine Weltpremiere gefeiert hatte. 
 
Das Gesamtergebnis von rund 530 Teilnahmen von 64 Filmen reflektiert einmal mehr den enormen inhaltlichen wie formalen Facettenreichtum, mit dem sich die Marke Austrian Films auf internationaler Ebene profiliert hat. Von den 64 im Jahr 2016 durch die AFC – Austrian Films und ihre internationalen Worldsales-Partner vertretenen Filme feierten 21 ihre internationale Premiere, sechs davon starteten ihre Festivalkarriere auf einem für die internationale Verwertung besonders relevanten Key-Festival. Insgesamt gingen 43 internationale Preise an 
20 verschiedene Filme, davon je sieben an MISTER UNIVERSO und BRÜDER DER NACHT, und je vier an DIE GETRÄUMTEN, KATER sowie EINER VON UNS. 
 
Die Welt- und Europapremieren auf Key-Festivals: WINWIN (Rotterdam, Voices), BRÜDER DER NACHT (Berlin, Berlinale Dokumente), DIE GETRÄUMTEN (Berlin, Forum), HOMO SAPIENS (Berlin, Forum), KATER (Berlin, Panorama Spezial), MISTER UNIVERSO (Locarno, Wettbewerb), SAFARI (Venedig, Out of Competition)
 
Gespannt blicken wir ins Filmjahr 2017 und freuen uns auf die neuen Arbeiten von: Barbara Albert (LICHT), Josef Hader (WILDE MAUS), Monika Willi, die Michael Glawoggers in den ersten vier Monaten seiner Weltreise entstandene Material zu UNTITLED montiert hat, Arman T. Riahi (DIE MIGRANTIGEN), Ruth Mader (LIFE GUIDANCE), Michael Haneke (HAPPY END), Monja Art (SIEBZEHN), Katharina Mückstein (L’ANIMALE), Julian R. Pölsler (WIR TÖTEN STELLA), Elena Tikhonova (KAVIAR), Andreas Horvath (LILLIAN), Stephan Ruzowitzky (DIE HÖLLE), Harald Sicheritz (BAUMSCHLAGER), Juri Rechinsky (UGLY), Werner Boote (GREEN), Ruth Beckermann (WALDHEIM ODER THE ART OF FORGETTING) oder Erwin Wagenhofer (BUT BEAUTIFUL).
 
Martin Schweighofer, Geschäftsführer der AFC: „Die österreichischen Festivalerfolge 2016 sind vor allem im internationalen Vergleich betrachtet mehr als herausragend. Wir scheinen uns nur längst daran gewöhnt zu haben. Neu hingegen ist in diesem Filmjahr die eindrucksvolle Akzeptanz österreichischer Filme an den heimischen Kinokassen, angeführt vom Dokumentarhit dieses Herbstes BAUER UNSER, aber ebenfalls getragen von Spielfilmen wie MAIKÄFER FLIEG, HOTEL ROCK ‘N‘ ROLL, WAS HAT UNS BLOSS SO RUINIERT oder  EGON SCHIELE – TOD UND MÄDCHEN.“