FEATURE

I AM FROM NOWHERE von Georg Misch

 

Miková ist ein Dorf in der Ostslowakei. Ein gottverlassenes Stück Nirgendwo, das wohl immer still und einfach vor sich hinexistiert hätte, wäre nicht irgendwann jemand auf die Idee gekommen, die Wurzeln einer der schillerndsten Künstlerfiguren des 20. Jahrhunders aufzuspüren. Andy Warhols slowakische Herkunft ist seit Jahrzehnten Anreiz für internationale Journalistenteams, ins entlegene Mikova zu reisen. Der PopArt-Künstler, der allen Menschen "15 minutes of fame" für die Zukunft prophezeiht hat, hat dem Heimatdorf seiner Eltern eine ungeahnte Portion Ruhm bereitet. Georg Misch verfolgt in seinen Dokumentarfilm I Am from Nowhere humorvoll distanziert das Phänomen Miková. Dorfbewohner gelangen, ohne allzu sehr zu wissen warum, plötzlich ins Licht internationalen Interesses, schwelgen zwischen Naivität und Selbstironie in der Illusion von Berühmtheit und entwickeln im Laufe der unzähligen Drehs und Interviews schon eine Art Professionalität im Umgang mit den Besuchern von "Warholland". Misch interessiert sich nicht für die biografische Vorgeschichte des Künstlers, sondern für die Wirkung eines medial erschaffenen Mythos in einem zeitlosen wie weltfremden Umfeld. "Warhol ist für die Menschen", so der Regisseur, "eine fast schon messianische Figur, die sie aus der Obskurität der Provinz erlöst und den Nährboden für den Traum vom besseren Leben schafft." Der Mythos vom American Dream hat für sie einen konkreten Namen und an Ort und Stelle seine Wurzeln. Der Glaube daran kann umso intensiver sein, denn irgendwie gelingt es fast jedem, eine verwandtschaftliche Verbindung zur Familie Varhola herzustellen. Die Probe aufs Exempel wagt nur einer. Jozef, der Englischlehrer und Protagonist im Film, bricht nach Amerika auf, um die gleiche Luft wie Andy Warhol zu atmen. Der Traum wird zum Albtraum, doch, kaum gescheitert zurückgekehrt, hat er schon neue Ziele vor Augen. (ks)